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Wilders, Trump & Co.: Das Geheimnis hinter den komischen Frisuren rechter Politiker

Der Libertäre Javier Milei wurde gerade zum neuen Präsident Argentiniens gewählt. Noch frischer ist der Wahlsieg des Rechtsradikalen Geert Wilders in den Niederlanden. Der Ex-Premierminister des Vereinigten Königreichs, Rechtspopulist Boris Johnson, dürfte noch vielen frisch im Gedächtnis sein, und natürlich spielt der faschistoide Donald Trump auch noch weiter eine beängstigende Rolle in der US-Politik und droht, wiedergewählt zu werden. Sie alle haben eines gemein: Sie sind für ihre wilden und teils absurden Frisuren bekannt. Es ist inzwischen schon ein Witz, dass man Rechte an ihren wilden Haaren erkennen kann.

Und die Liste kann man noch viel weiter führen. In vielen Ländern sind führende rechte Politiker für ihre … ja, „hässlichen“ Frisuren bekannt.

Diese Feststellung ist, sofern sie überhaupt passiert, für viele an dieser Stelle zu Ende. Es reicht für einen kleinen Witz, oder bestenfalls für Spott für ein verdientes Feindbild. Doch was, wenn ich dir sage, dass mehr dahinter steckt? Dass dein Spott diesen Männern hilft? Dass dahinter vielleicht sogar eine Strategie steckt?

Der bekannteste rechte Politiker mit lustigen Haaren? Hitler.

Dass extrem Rechte komische und auffallende Haare haben, hat lange Tradition. Bei Adolf Hitler war es nicht anders. Für uns inzwischen eine Selbstverständlichkeit, aber man kennt Hitler ja nicht umsonst wegen seines einzigartigen Bartes.

Bundesarchiv, Bild 102-13774 / Heinrich Hoffmann / CC-BY-SA 3.0

Zwar nicht das Haupthaar, aber der Bart war schon seinerzeit ein Statement, und zwar nicht von Hitler erfunden, und auch eine Notwendigkeit der Gasmasken in den Gräben des Ersten Weltkriegs, aber später auch als Ablehnung des Kaisers (, der einen breiten Zwirbelbart hatte) gedacht. Aber es sah auch schon damals genauso lächerlich aus wie heute. Es ist auch kein Zufall, dass der zweitbekannteste Träger eines derartigen Bartes, Charlie Chaplin, als Schauspieler und Komiker bekannt war. Und nicht nur Chaplin wurde als buchstäbliche Witzfigur wahrgenommen.

Hitler ist für uns heute eher mit Schrecken und mit dem grausamen Verbrechen des Holocausts und des Zweiten Weltkriegs verbunden, und eher seltener als Person, die man nicht ernst nehmen muss, weil sie lächerlich sei. Mit dem Vorteil der Rückschau wissen wir, wozu dieser Mann fähig war und dass hinter dem lustigen Bart einer der größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte steckte. Doch der Bart half, das zu verschleiern. Siehst du, worauf ich hinaus will?

Inszenierte Harmlosigkeit

Boris Johnson ist sicher kein Hitler, und wahrscheinlich auf der Liste der bisher aufgezählten der mit den am wenigsten rechtsradikalen Ansichten, auch wenn er definitiv als Rechtspopulist bekannt ist. Zumindest bei ihm kann man sicher sein, dass seine wilden Frisuren und hässlichen Outfits gezielte Inszenierungen sind. Johnson kommt aus der britischen Elite, wie kaum jemand sonst. Eliteinternat, einflussreiche Politikerfamilie, Reichtum. Doch als Populist, der die „Masse“ ansprechen will und „gegen die da oben“ poltern will, inszeniert sich Johnson gezielt als eben nicht geleckt, ordentlich und aufpoliert.

Als weiße, rechte Männer können sie es sich leisten, schlechte Frisuren zu haben – als Frau kannst du das zum Beispiel nicht. Deshalb wird es nicht zum Todesurteil, sondern zum unique selling point. Johnson, der manchmal nicht nur von Gegnern als „Clown“ bezeichnet wurde, ist bekannt dafür, seine Haare vor Interviews bewusst zu zerzausen. Das macht ihn in den Augen vieler menschlicher, nahbarer. Er wirkt für manche wie ein „Trottel“. Aber damit eben auch harmlos, und wie jemand ganz „Normales“. In einer Welt, in der alles künstlich und perfekt wirken soll, sticht Schlampigkeit hervor. Und gibt damit nicht nur Schlagzeilen, sondern sogar Sympathie. Und im besten Fall Selbstverharmlosung.

Solange ihr lacht, bekämpft ihr sie nicht

Ich will nicht sagen, dass alle das so gezielt machen wie Johnson, das ist mir nicht bekannt. Vielleicht passiert es auch aus Versehen oder manche stolpern einfach dahinein, aber bleiben dabei, weil es funktioniert. Oder eben diejenigen, die schlechte Haare haben, haben einen überraschenden Wettbewerbsvorteil. Aber solange wir uns von den Haaren ablenken lassen, reden wir nicht über ihre gefährlichen Ideen. Die Frisuren sind eine Falle, eine Ablenkung. Während wir über die Haare lachen – das letzte, was an diesen Männern zu kritisieren ist – verbreiten sie Hass, Spaltung und Desinformation. Wirken für ihr Zielpublikum nahbar, während sich ihre Gegner nur an Äußerlichkeiten abarbeiten.

Die Haare passen gut zu dem, was diese Männer ihrer Zielgruppe verkaufen wollen – der Rechtspopulismus. Die Spaltung in „Die“ gegen „Wir“ und des „Die da oben!“ ist ihre Mission – und die wilden Haare und Outfits sind überraschend gute Helfer dabei. Sie wollen um jeden Preis Aufmerksamkeit und Tabubrüche. Das machen sie nicht nur durch menschenverachtende Sprache und Vorschläge, sondern auch durch gezielte Stilbrüche. Es ist eine Facette einer Strategie, um in der lauten Medienwelt aufzufallen und eine Rolle zu spielen. Selbst wenn es wirklich nicht stimmt – wie die des angeblichen Außenseiters Johnson, Kind aus der britischen Elite.

Deshalb bin ich kein so großer Fan davon, sie wegen ihrer Frisuren auszulachen. Zum einen ist mehr Verweis auf körperliche Äußerlichkeiten genau das Gegenteil dessen, wofür wir einstehen sollten – Spott über Gewicht oder Aussehen bei Grünen-Politikerinnen wird zu Recht als Hass angesehen. Zum anderen sind diese Dinge genau die letzten Dinge, die an diesen Männern kritisierenswert sind. Ich finde es gefährlich, wenn Trump ankündigt, seine politischen Gegner, die er mit „Ungeziefer“ vergleicht, zu „vernichten“, wenn sie ihn weiter mit Hitler vergleichen. Seine orange Gesichtsfarbe und sein komisches Haar sind mir da herzlich egal.

Im Gegenteil, wenn wir uns darüber lustig machen, helfen wir im schlimmsten Fall dabei, diese Männer zu verharmlosen. Als „der Typ mit den komischen Haaren“ und nicht „der Typ, der unsere Demokratie bedroht“.

Artikelbild: Peter Dejong/AP (Wilders); Natacha Pisarenko/AP (Milei); Chris Ioannou (Johnson)

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