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Wie Kontakte von Parlamentariern zu Tschechien ohne Rechtsradikale gelingen sollen

Es war eine Veranstaltung ganz nach dem Geschmack des AfD-Politikers Petr Bystron: Seine Partei hatte im Juli 2017 in den Saalbau Südbahnhof in Frankfurt am Main eingeladen, neben ihm, damals noch AfD-Landesvorsitzender in Bayern, waren auf der Bühne als Redner der frühere tschechische Staatspräsident Václav Klaus und der damalige Frankfurter AfD-Bundestagskandidat Steffen Reichmann, Professor an der hessischen Polizeihochschule in Gießen.

Die Neue Rechte vernetzte sich schon damals in Mitteleuropa – und die Kontakte zwischen Deutschland und Tschechien spielten und spielen dabei eine wichtige Rolle. Bystron stammt aus Olmütz in Mähren, er hatte 1988 wegen Verfolgung in der ČSSR politisches Asyl in der Bundesrepublik erlangt und zählt zum extrem rechten Flügel der AfD. Reichmann war seit den 1990er Jahren in Prag aktiv. Und der nach weit rechts abgedriftete frühere tschechische Spitzenpolitiker Klaus begründete im Saalbau Südbahnhof, warum er in letzter Zeit so oft in Deutschland rede:

„Deutschland ist – aus meiner Sicht – das heutige Schlachtfeld Europas.“ In seiner wütenden Rede vor gut hundert Zuhörer:innen sagte Klaus, die „heutigen europäischen politischen Eliten“ würden vor unseren Augen eine „enorme Manipulation und Indoktrinierung“ verwirklichen. Sowohl in Tschechien wie in Deutschland werde das freie Denken immer mehr unterdrückt. „Die Propaganda regiert“, so wie er das in kommunistischen Zeiten schon mal erlebt habe.

So rechtsradikal ist Bystron

Im Bundestag werden Bystrons Aktivitäten in der Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen in Tschechien argwöhnisch beäugt. Zumal ihn das Parlament seit der neuen Legislaturperiode 2021 mit dem Vorsitz der Parlamentariergruppe Slowakei-Tschechien-Ungarn ausgestattet hat. Ausgerechnet ein extrem rechter Bundestagsabgeordneter soll also die parlamentarischen Beziehungen nach Mitteleuropa organisieren? Einer, dessen Partei die EU als gescheitert ansieht?

Bystron ist beim Verfassungsschutz unter anderem deshalb auf dem Radar, weil er eine „systematische Umvolkung“ wähne, wie die Süddeutsche Zeitung 2019 berichtete. Er wurde 2021 in einer Analyse im Auftrag des American Jewish Committee erwähnt, weil er antisemitische Stereotype bemühe und unter anderem die langjährige Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, als „jüdische Verkörperung der vermeintlich korrupten diktatorischen Elite“ angeprangert habe.

2022 richtete Bystron eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung: Ob der Volksverpetzer aus Bundeshaushaltsmitteln gefördert werde? Eine Frage, die die Regierung verneinte. 2023 wurde eine ehemalige Mitarbeiterin Bystrons vom Amtsgericht München zu 11.700 Euro Geldstrafe verurteilt, weil sie eine für rechte Waffenschieber bestimmte Uzi in ihrer Wohnung gelagert hatte.

Neues Gremium entsteht in Prag

Die Liste ließe sich lang fortführen. Aber ein bayerischer SPD-Bundestagsabgeordneter, Jörg Nürnberger aus Wunsiedel, will sich gar nicht mehr lang aufhalten mit dem rechtsradikalen Strippenzieher Bystron und seinen Aktivitäten. Sondern einfach etwas Neues aufziehen: Er ist Initiator der Gründungsversammlung für ein deutsch-tschechisches Parlamentarierforum. Und hat für den Nachmittag des 11. November ins Haus der Gewerkschaften nach Prag 21 Bundestagsabgeordnete sowie 23 bayerische und 25 sächsische Landtagsabgeordnete eingeladen, alle wie er aus grenznahen Wahlkreisen. Vertreter:innen der CSU sind dabei, der SPD, der Grünen, der Linkspartei, der FDP, der CDU. Von den Abgeordneten der AfD indes hat keiner eine Einladung bekommen. Das neue parlamentarische Forum solle „ausschließlich aus Abgeordneten der demokratischen Parteien“ bestehen, heißt es in der Einladung.

Das Haus der Gewerkschaften am Winston-Churchill-Platz in Prag-Žižkov in der Nähe des Hauptbahnhofs heißt auf Tschechisch Dům Radost, zu Deutsch: Haus Freude. Nürnberger, der als Rechtsanwalt in Kanzleien in Wunsiedel und Prag tätig ist und dessen Familie in der tschechischen Hauptstadt lebt, empfindet tatsächlich eine gewisse Vorfreude mit Blick auf das bevorstehende Treffen und die Chance, der AfD die Grenzen zu zeigen. Er sieht Potenzial beim Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, Stichworte: Soziales, Frieden, Wirtschaft.

Und hält es für selbstverständlich, dass jene ausgeschlossen werden, „die Nationalismus und Populismus predigen“, wie er dem Volksverpetzer sagt. Nürnberger schwärmt in seinem Einladungsbrief davon, dass ein „neues Kapitel der bilateralen Zusammenarbeit“ aufgeschlagen werden könne. Am bilateralen Austausch interessierte Spitzenpolitiker:innen aus Deutschland und Tschechien werden erwartet. Der deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, lässt sich von der Gesandten Petra Dachtler vertreten.

Die AfD rechts liegen lassen

Zwar will man die AfD rechts liegen lassen, aber zugleich dem Vorwurf entgehen, bloß eine Art Ersatzveranstaltung für die von Bystron geführte Parlamentariergruppe im Bundestag zu organisieren. Nürnberger ist dort stellvertretender Vorsitzender und berichtet, dass sich die Parlamentariergruppe Slowakei-Tschechien-Ungarn seit 2021 unter dem AfD-Mann „paralysiert“ habe. Auslandsreisen hätten nicht stattgefunden. Offenbar, so glaubt Nürnberger, waren von einem AfD-Politiker angeführte Bundestagsdelegationen in den Hauptstädten Bratislava, Prag und Budapest nicht willkommen.

Unterstützung für sein Projekt hat sich Nürnberger beim Deutsch-Tschechischen Gesprächsforum gesichert, einer Einrichtung, die den Dialog zwischen den Menschen beider Länder fördern soll. Es wird vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds finanziert, der laut Selbstdarstellung möchte, „dass sich Deutsche und Tschechen begegnen, einander kennenlernen und vor allem Lust bekommen, eine Nachbarschaft zu gestalten, mit der sie sich wohlfühlen“. Das sind wohlklingende Worte. Aber die neue Parlamentariergruppe könnte, wenn sie wirklich in Schwung kommt, tatsächlich zeigen, dass es auch in Zeiten einer erstarkenden AfD gelingen kann, diese Partei aus guten Gründen auszuschließen. Und so ein positives Beispiel für eine kreative Abgrenzung zur AfD liefern.

Hilfreich für das Projekt könnte auch sein, dass Tschechien seit einigen Jahren keine eigene Parlamentariergruppe im Bundestag mehr hat, sondern die Slowakei, Tschechien und Ungarn in einer gebündelt worden sind. Dieses Schicksal teilt Tschechien unter allen Nachbarstaaten Deutschlands lediglich mit der Parlamentariergruppe Belgien/Luxemburg. In Prag wird das schon seit einer Weile mit gewissem Missmut gesehen, sieht sich Tschechien doch beispielsweise gegenüber Österreich und der Schweiz benachteiligt, die weniger Einwohner:innen, aber eine eigene Parlamentariergruppe haben.

„Keine neuen Initiativen zur Vertiefung unserer Beziehungen“

Nürnberger geht davon aus, dass auch die weiteren Stellvertreter:innen im Vorstand der Bundestags-Parlamentariergruppe das Vorhaben unterstützen, beispielsweise die Grünen-Politikerin Tina Winklmann oder Martina Englhardt-Kopf von der CSU. Englhardt-Kopf sagt dem Volksverpetzer, die von Bystron geleitete Parlamentariergruppe im Bundestag habe in den vergangenen Monaten „keine Aktivitäten“ entfaltet, „neuen Initiativen zur Vertiefung unserer Beziehungen“ stehe sie offen gegenüber.

Die gebürtige Tschechoslowakin Renata Alt von der FDP, die bis 2021 Amtsvorgängerin von Bystron war, ist skeptischer. Zwar sei es „äußert schade“, dass der Vorsitz der Parlamentariergruppe Slowakei-Tschechien-Ungarn nun in den Händen der AfD liege. Dazu habe das geltende Losverfahren bei der Verteilung geführt. Dieses zu ändern, würde der AfD „eine weitere Gelegenheit geben, sich als Opfer zu inszenieren“, was „aus demokratischer Sicht nicht ganz unbedenklich“ wäre, warnt sie. „Mal eine Veranstaltung“ mit Landtagsabgeordneten aus Sachsen und Bayern wäre denkbar. Doch weil die Landtage bereits heute gute grenzüberschreitende Beziehungen mit ihren Nachbarn pflegen würden, sei eine dauerhafte Ausdehnung der Parlamentariergruppe des Bundestages auf Landtagsabgeordnete „nicht nötig“.

Bystron derweil ist ausgesprochen wortkarg, was Auskünfte zu seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Parlamentariergruppe im Bundestag angeht. Auf eine im Sommer an ihn gerichtete Anfrage dazu schrieb der AfD-Mann zurück: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich melde mich nach der Sommerpause gerne bei Ihnen.“ Spätere Nachfragen jedoch ließ er dann unbeantwortet.

Artikelbild: Christoph Soeder/dpa

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