Gastbeitrag Gunnar Hamann
Nicht alle Menschen haben aktuell die Kraft dazu, sich zum Nahostkonflikt zu positionieren. Verständlicherweise, schließlich ist es nicht immer einfach, sich dazu zu äußern. Doch die WELT machte daraus einen Vorwurf gegen 21 Promis und stellte diese an den Pranger. Besonders peinlich: Nicht wenige der Promis hatten sich tatsächlich schon geäußert – WELT hatte schlicht nicht gut genug recherchiert und musste ihren Artikel mehrfach überarbeiten.
Hamas-Terror bedroht Juden – auch in Deutschland
Mit dem brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober, ist ein jahrzehntealtes dynamisches Konfliktgeschehen an einem vorläufig schrecklichen Tiefpunkt angekommen. Die Verantwortung für die Gräuel der Hamas trägt selbstverständlich diese allein. Den Nachhall spüren wir auch in Deutschland.
„Die jüdische Gemeinde in Deutschland lebt nach dem Gewaltaufruf der Hamas in Angst“, heißt es am 13. Oktober in einem Beitrag von Jan Sternberg in der Neuen Westfälischen. In weiten Teilen Deutschlands finden seitdem pro-palästinensische Demonstrationen statt. Darunter mischen sich auch immer wieder antisemitische Teilnehmer:innen. Dabei wurde auch Kritik laut an pauschalen Verboten solcher Demonstrationen, da diese auch Proteste von gemäßigten Demonstrant:innen betreffen sollen.
In der Nacht zum 18. Oktober kam es in Berlin zu einem versuchten Brandanschlag auf ein Gebäude, an das eine Kindertagesstätte, Räume einer Thalmud-Thora-Schule sowie eine Synagoge angeschlossen sind. Die Täter sind flüchtig. Der Staatsschutz ermittelt. Die Einrichtungen stehen weiterhin unter Polizeischutz. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) registrierte laut Tagesspiegel vom 18. Oktober einen Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland um 240 Prozent – seit dem 7. Oktober – verglichen mit dem Vorjahreszeitraum.
Am 22. Oktober fand in Berlin eine Großkundgebung als Zeichen gegen Antisemitismus und Solidarität mit Israel statt. Je nach Angaben nahmen daran zwischen 10.000 bis 25.000 Menschen teil.
Selbst demokratische Parteien springen auf Abschiebe-Diskurs auf
Derweil nutzen demokratische Parteien das Gelegenheitsfenster, um die bereits seit einiger Zeit laufende Debatte über härtere Abschieberegeln voranzutreiben. Es folgten Diskussionen über SPIEGEL-Cover mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie über CDU-Parteivorstand Friedrich Merz, der sich in der ZDF-Sendung Berlin Direkt schützend vor Thilo Sarrazin stellt. Der Sarrazin, der im August 2010 über ein angebliches „Juden-Gen“ spricht und dafür vom damaligen Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland mit den Worten gemaßregelt wird: „Wer die Juden über ihr Erbgut zu definieren versucht, auch wenn das vermeintlich positiv gemeint ist, erliegt einem Rassenwahn, den das Judentum nicht teilt.“ Dabei ist die Anzahl der Asylanträge in Deutschland gegenwärtig im Vergleich zu den Jahren 2015/2016 weiterhin gering.
Auch die Anzahl der Ausreisepflichtigen bleibt seit Jahren relativ konstant.
Währenddessen macht sich in Deutschland erneut parallel zum grassierenden Antisemitismus eine Stimmung in Teilen der Gesellschaft breit, in der vielen der hier lebenden Muslim:innen Islamismus unterstellt wird. Dabei ist Rassismus und Muslimfeindlichkeit in Deutschland ohnehin bereits eine große Herausforderung. Jede:r Zweite in Deutschland „stimme muslimfeindlichen Aussagen zu“, resümiert die Tagesschau den Abschlussbericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) aus dem Juni diesen Jahres.
Eine weitere aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis: Unter 13 EU-Ländern ist Deutschland Schlusslicht, wenn es um Rassismus gegen Schwarze geht.
Auch der Antisemitismus in Deutschland nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an. Die Mitte-Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung stellte für Deutschland im Zeitraum 2022/2023 einen Anstieg um vier Prozentpunkte in der Zustimmung für Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft fest sowie eine Zunahme des Graubereichs von Antisemitismus um fünf Prozentpunkte.
„Sonst laut ‚gegen rechts‘ – beim Judenhass ganz leise“?
So lautet in dieser ohnehin bereits aufgeheizten gesellschaftlichen Stimmung der Titel eines Beitrags von Frédéric Schwilden für die WELT vom 20. Oktober. Schwilden wollte ursprünglich „Stimmen gegen Judenhass“ für einen Beitrag in der WELT am Sonntag sammeln. Daran kann ja nichts verkehrt sein, müsste man meinen. Angefragt waren sieben Bands, ein Solo-Musiker, die Fußballnationalmannschaft der Männer sowie fünfzehn Prominente aus verschiedensten Bereichen. Auf die Idee, mal nachzuschauen, ob diese Promis sich bereits vorher schon geäußert hatten, kam Schwilden offenbar nicht.
Die Klimaschutz-Aktivistin und Publizistin Luisa Neubauer von Fridays for Future Deutschland sowie die Unternehmerin, Webvideoproduzentin und Influencerin Diana zur Löwen waren, so Schwilden, demnach die einzigen Personen, die ihm ein Statement gaben. Die restlichen Angefragten, also 21 Promis, sagten ab. Noch am Tag der Veröffentlichung musste die Redaktion jedoch bereits stolze vier Änderungen vornehmen.
Das WELT-Bild hängt schief
Klaas Heufer-Umlauf hatte sich in einem Podcast vom Vortag klar positioniert. Er war in der ersten Version noch prominent abgebildet. Das Management von Nora Tschirner äußerte sich nach Erscheinen des Artikels und gab an, dass man durch einen Fehler von Mitarbeiterinnen die Anfrage abgesagt habe, ohne zuvor mit Tschirner gesprochen zu haben. Die Band Feine Sahne Fischfilet, so findet man am Ende des Beitrags heraus, hatte sich bereits am 8. Oktober auf Instagram positioniert.
Wie diese Korrekturen und die Anmerkung zu Nora Tschirner im Artikel eingebettet sind und diese im Text kommuniziert werden, wäre eine eigene Betrachtung wert. Zu den Problemen des Beitrags hat der Medienjournalist Boris Rosenkranz für Übermedien am 23. Oktober einen sehr lesenswerten Artikel verfasst.
Rosenkranz bemerkt, dass Nora Tschirner weiterhin abgebildet wird, obwohl ZDF-Journalistin Nicole Diekmann auf X – ehemals Twitter – am 21. Oktober darauf hinwies, dass Nora Tschirner sich vor Erscheinen mehrfach zum Thema positionierte.
Rosenkranz weiter: „Das kann man übersehen, gerade bei einem so flüchtigen Medium. Aber das sieht dann eben nicht gut aus, wenn man der Person andererseits markig vorhält, gar nichts gesagt zu haben. (Und dabei auch noch so viel gute Laune übrig hat, auf die Absage des Managements ‚aus zeitlichen Gründen‘ die ‚nicht ganz ernst gemeinte Nachfrage‘ nachzusenden, ob sie es ‚denn bis zum 9. November schaffen‘ würde – dem Tag der Reichspogromnacht 1938.)“
Auf X wies ich Schwilden darauf hin, dass Nora Tschirner bereits am 9. Oktober in einem Beitrag der Berliner Zeitung mit der Überschrift „Hamas-Terror: Auch Berliner Prominente bekunden ihre Solidarität mit Israel“ genannt wird. Schwilden dazu:
Will Frédéric Schwilden hier also möglicherweise in der Tatsache das Nora Tschirner, die aufgrund der Situation in Israel offensichtlich emotional aufgerüttelt ist und sich um ihre Freunde sorgt, herauslesen können, dass ihre Emotionen nur vorgespielt sind?
Weitere Promis hatten sich bereits klar positioniert
Schwilden schilderte in seinem Beitrag dann noch eine weitere Absage mit folgenden Worten: „Das Management von Anti-Rassismus-Autorin Alice Hasters antwortete kurz und knackig: ,Leider nein.’“ Heike-Melba Fendel, die Managerin von Hasters, sagte dazu auf X folgendes:
Über die Gründe für eine mögliche Auslassung durch Schwilden kann „nur spekuliert“ werden, um bei der Sprache des Autoren zu bleiben. Fakt ist jedoch, dass sich auch Alice Hasters noch vor Erscheinen des Artikels von Schwilden eindeutig auf Instagram in einem Beitrag positionierte.
Boris Rosenkranz schließt: „Die Debatte wäre im Übrigen auch nicht vorbei in dem Moment, in dem sich Prominente äußern. Dann beginnt eine andere. Dann beginnt eine Debatte darüber, was sie sagen und wie sie es tun.‘“
Und dann wäre da noch der Entertainer Jan Böhmermann, der im Beitrag von Boris Rosenkranz nicht erwähnt wird. Hätte sich Schwilden minimale Mühe gegeben, hätte er auf dessen Account auf der Plattform X folgende Böhmermann-Retweets gesehen.
Der zivilisierte Diskurs bröckelt
Die Schwarze Schriftstellerin sowie TV- und Comedyautorin Jasmina Kuhnke hat sich ebenfalls deutlich vor der Veröffentlichung zu Wort gemeldet.
Für manche war und ist das weiterhin zu deutlich. Warum eigentlich? Weil einige hier sofort aus der eigenen Perspektive zu dem Schluss gelangt sind, dass Kuhnke damit den Terror der Hamas relativiert, bzw. das Selbstverteidigungsrecht Israels in Frage stellt. Dass die Formulierung „unschuldige Menschen“ explizit nicht die Hamas einschließt, stellt Kuhnke allerdings klar.
Es verbietet sich in einem zivilisierten Diskurs Jasmina Kuhnke sofort zu unterstellen, dass diese grundlegend das völkerrechtlich verbriefte Recht Israels zur Selbstverteidigung aberkennt, nur weil sie dieses nicht direkt anspricht. Wie Kuhnke dazu steht, kann nur sie sagen. Ein „Schweigen zum Judenhass“ lässt sich hieraus jedenfalls – ohne sie dazu anzuhören – nur böswillig konstruieren.
Fazit: Mindestens fünf Prominente und die Band Feine Sahne Fischfilet haben sich ziemlich eindeutig für den Schutz von jüdischem Leben ausgesprochen, bevor der Beitrag veröffentlicht wurde. Zwei Statements erhielt Schwilden vorab. Bis heute werden nicht alle der hier genannten Probleme im Beitrag der WELT richtiggestellt, trotz Hinweisen. Positiv rezipiert wurde der Beitrag Schwildens unter anderem in der Berliner Zeitung sowie bei Ruhrbarone.de. Kritik am Beitrag findet sich neben dem Artikel für Übermedien auch bei der Rheinischen Post.
Warum Nichts sagen?
Grundsätzlich ist nichts daran verkehrt eine Zurückhaltung in verschiedenen Schattierungen zu beobachten und diese auch zu kritisieren. So geschehen etwa am 18. Oktober durch den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland – Josef Schuster – in einem Gastbeitrag für die Jüdische Allgemeine. Auf den Umgang innerhalb der deutschen Kulturszene blickte auch Deutschlandfunk Kultur mit einem differenzierten und kritischen Blick.
Was können aber Gründe dafür sein, dass sich Menschen nicht zum Konflikt äußern, oder dies mit großer Zurückhaltung tun? Konfliktforscher Janis Grimm sprach dazu am 24. Oktober mit rbb24. Zur Teilnahme an Demonstrationen sagte er:
„Es stellt den Konflikt vereinfacht dar als einen zwischen lediglich zwei Seiten. Dabei ist der Schluss natürlich zu kurz, dass die Nichtteilnahme an einer uneingeschränkten Solidarisierung mit Israel automatisch im Umkehrschluss bedeutet, man würde die Gräueltaten der Hamas unterstützen oder ignorieren. In der Realität ist die Position vieler Menschen oft einfach sehr viel differenzierter und entzieht sich dichotomen Konfliktlogiken.“
In ähnlicher Weise äußerte sich auch der frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden Michel Friedman, der sich gegen einfache Antworten auf komplexe Herausforderungen aussprach.
Aus Hintergrundgesprächen habe ich mehrere weiter Gründe gehört, die diese Zurückhaltung erklären könnten, ohne automatisch von einem „Judenhass“ auszugehen:
- Integrierende Rolle Prominenter in der Öffentlichkeit, um auch die Ränder mitzunehmen
- Pietät gegenüber den Opfern
- Ein Freundeskreis aus muslimischen sowie jüdischen Personen
- Angst vor Angriffen aus dem Links-/Rechtsextremen Spektrum
- Angst etwas Falsches zu sagen
- Die Aufarbeitung der eigenen Trauer
- Komplexität und Dynamik des Konflikts
„WELT“ zerstört viel Vertrauen
Ein weiterer Grund könnte auch die WELT selbst sein. Natürlich kann man zunächst davon ausgehen, dass eine Sammlung von Stimmen gegen den Judenhass ein universalistisch teilbares Anliegen ist. Zugleich hat die WELT in der Vergangenheit auch einiges an Vertrauen zerstört und macht es gegenwärtig – nicht allein aufgrund des Beitrags von Schwilden – auch nicht besser. Aus Hintergrundgesprächen sowie Reaktionen einzelner Personen, die abgesagt haben, lässt sich dies auch teilweise ablesen.
WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt sieht die Schuld an den antisemitischen Ausschreitungen in der westlichen Welt dabei unter anderem völlig undifferenziert im Postkolonialismus, dem deutschen Ableger von Fridays For Future, Flüchtlingen und der Critical Whiteness.
Differenziert wäre es anzuerkennen, dass es im Postkolonialismus Probleme mit antisemitischen Strömungen gibt, gleichzeitig aber auch Vertreter:innen, die die Singularität des Holocaust nicht in Frage stellen. Differenziert wäre es auch zwischen dem teils offenen Antisemitismus bei Fridays For Future International und der Abgrenzung der Leitung des deutschen Ablegers zu unterscheiden. Antisemitismus unter Menschen mit Migrationshintergrund kann man ebenfalls differenziert betrachten, ohne weitere rassistische Ressentiments zu befeuern, die letztlich nur einer Partei nutzen.
Nach WELT-Logik: Antisemitismus bei der WELT?
Aber stellen wir uns einfach mal vor, wir würden auch so undifferenziert argumentieren und der WELT Kontaktschuld und „Nicht-Distanzierung“ vorwerfen. In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant, worüber die WELT selbst aktiv schweigt. Etwa über ihren aktiven Kolumnisten Henryk M. Broder, der zugleich Autor und Mitbegründer des rechtsaußen-Blogs Achse des Guten ist. Fernsehmoderator Markus Lanz bezog sich kürzlich auf Broder, um sich für die Verwendung antisemitischer Sprache in einer Sendung von Lanz und Precht zu rechtfertigen. Die Achse des Guten wiederum veröffentlicht bis heute Beiträge des ehemaligen Finanzwissenschaftlers Stefan Homburg.
Laut dem Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg verbreitete Homburg während der Pandemie antisemitische Verschwörungsmythen. Am 26. Juni gefiel Stefan Homburg ein Tweet, der Impfungen mit dem Holocaust gleichsetzte. Weitere solcher Reaktionen von Homburg dokumentiert der Account „Zucker“ auf X.
Homburg: Bigotter Verschwörungserzähler
Derzeit versucht Stefan Homburg sich mit seiner Kritik an Greta Thunberg als Gegner von Antisemitismus zu inszenieren, was gewissermaßen an das Verhalten der AfD erinnert. Diese gerierte sich nach dem Angriff als Freundin Israels, ist aber in Wahrheit tief gespalten in der Frage. In der Vergangenheit bescheinigten Studien der AfD Antisemitismus. Dass politische Beobachter:innen also hinter der Richtungsentscheidung politisches Kalkül vermuten, ist nicht völlig von der Hand zu weisen.
Homburg selbst verwendete in der Vergangenheit bereits das Bild eines den Globus umfassenden Kraken mehrfach selbst, was seine Kritik an Greta Thunberg umso unglaubwürdiger erscheinen lässt, ohne dass ich die gerechtfertigte Kritik an Thunberg oder Fridays For Future International hier in irgendeiner Form vernachlässigen oder relativieren möchte.
Natürlich ist das nicht das Argument, auf dem wir unsere Argumentation aufbauen. Wir sind ja hier nicht bei der WELT. Und selbstverständlich gilt hierbei auch für alle die Unschuldsvermutung, damit wir uns nicht falsch verstehen. Ich unterstelle weder der WELT noch den genannten Personen pauschal Antisemitismus. Die Ignoranz und der selektive Empörungsmechanismus dazu sind aber nicht zu übersehen und das dröhnende Schweigen nicht mehr zu überhören. Es sind auch nicht die einzigen Probleme in Hinblick auf die WELT, aber aus Respekt vor dem Thema möchte ich darauf an dieser Stelle nicht weiter eingehen.
Fazit: Empathie und Abgrenzung neu lernen
„Der Motor des Nie Wieder ist das Mitgefühl“, schreibt der israelische Soziologe Natan Sznaider in einem lesenswerten Beitrag. Zugleich mahnte er am 24. Oktober in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung an: „Aber die Hamas ist keine nach Demokratie strebende antikolonialistische Organisation, wie sie von Teilen des progressiven Milieus gesehen wird.“ Die Hamas ist, wie viele kommentieren, eine faschistische und nationalistische Bewegung unter dem Deckmantel der „Befreiung“.
Ich unterstelle Frédéric Schwilden keine bösen Absichten. Sein Beitrag entstand aus einem für mich zunächst nachvollziehbaren moralischen Bewusstsein aus der historischen Verantwortung Deutschlands. Zugleich – und das trifft nicht nur auf Schwilden, sondern auch auf die WELT zu – fehlt es an einem Bewusstsein für unterschiedliche Perspektiven auf den Konflikt und Motive von Menschen, denen man nicht ohne triftigen Grund unterstellen sollte, eine Vorliebe für die Hamas oder Antisemitismus zu hegen. Wenn wir in der Lage wären diese Perspektiven wieder fruchtbar in die Auseinandersetzung zu integrieren, wäre schon viel gewonnen.
Die traurige Gewissheit nach unter anderem NSU, NSU 2.0, Halle, Hanau, der unwürdigen Asyldebatte als auch den jüngsten antisemitischen Ausschreitungen auf einigen pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland kann nur eine sein: Die deutsche Gesellschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten am „Nie wieder!“ gescheitert.
Viele versuchen sich weiterhin an Schuldzuweisungen. Wer hat mehr Schuld? Dieser wenig zielführende Diskurs der Schuldzuweisungen – auch wenn er emotional nachvollziehbar erscheint – stärkt am Ende nur die antidemokratischen Parteien.
Ob ein demokratischer Diskurs der Empathie und gesunden Abgrenzung gelingen kann, hängt von uns allen ab. Für alle Scharfmacher:innen ende ich jedenfalls mit den mahnenden Worten von US-Präsident Joe Biden: „Don’t. Don’t.“
Artikelbild: Screenshot welt.de
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