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Verwaltungscloud: Bund vergrößert seine Abhängigkeit zu Microsoft

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

VerwaltungscloudBund vergrößert seine Abhängigkeit zu Microsoft

Obwohl der IT-Planungsrat sich gegen den Einsatz der Delos-Cloud in der öffentlichen Verwaltung entschieden hat, hält die Bundesverwaltung an der Cloud-Lösung der SAP-Tochter fest. Die Ampel-Regierung vergrößert die Abhängigkeit zu Microsoft damit zusätzlich.


Esther Menhard – in Demokratieeine Ergänzung
Kanzler Scholz traf sich unter anderem mit Christian Klein, dem Vorstandsvorsitzenden von SAP. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO/photothek

Im Juni sorgte die Sondersitzung des IT-Planungsrates für Aufsehen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich damals in die Ministerpräsidentenkonferenz eingeschaltet. Der Kanzler, der sich sonst nur selten zu Digitalisierungsfragen äußert, warb höchstpersönlich für die Cloud-Lösung des SAP-Tochterunternehmens Delos GmbH. Mit Blick auf die Verwaltungscloud sollten sich die Länder auf diese Lösung einigen, so Scholz‘ Plädoyer an die Runde.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung (PDF) auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei (PDF) hervorgeht, hatte im Monat vor der Sitzung ein Treffen zwischen Scholz und der SAP-Spitze stattgefunden, bei dem auch die Delos-Cloud Thema war. Anlass der Zusammenkunft war die Verabschiedung des SAP-Gründers Hasso Plattner, dessen Lebenswerk Scholz würdigte.

Die Sondersitzung einberufen hatte Bundes-CIO Markus Richter. Geht es nach Richter, würde die Delos-Cloud eine zentrale Rolle in der Verwaltungscloud-Strategie einnehmen. Zwar stimmten die Länder in der Sitzung gegen die Delos-Cloud. Für die Bundesverwaltung ist sie damit aber noch lange nicht vom Tisch.

Microsoft-Services über SAPs Rechenzentren

Die Bundesregierung sieht die Delos-Cloud offenbar als Bundescloud für die öffentliche Verwaltung. Sie sei von zentraler Bedeutung, um den Bedarf der Bundesbehörden an Microsoft-Services zu decken, darunter Microsoft Office, das Videokonferenz-Tool Microsoft Teams und die KI-Assistenz Copilot.

Bislang hat die Bundesverwaltung Anwendungen wie MS Office on premise beschafft: Behörden lizenzieren und installieren Software demnach auf lokalen Betriebsumgebungen des Bundes und betreiben sie in eigener Verantwortung, ohne dafür auf Cloud-Dienste zugreifen zu müssen.

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Allerdings stellt Microsoft sein Produktangebot derzeit um: MS Office soll künftig nicht mehr lokal auf den Verwaltungsrechnern, sondern nur noch über Microsofts Azure-Cloud zur Verfügung stehen. Und eben hier kommt die Delos-Cloud ins Spiel. Sie soll es ab dem kommenden Jahr ermöglichen, dass Bundesbehörden künftig über Rechenzentren von SAP MS-Anwendungen nutzen können.

Ampel zementiert Abhängigkeiten

Anke Domscheit-Berg (Linkspartei) bezeichnet die SAP-Lösung gegenüber netzpolitik.org als „eine Microsoft-Cloud im Delos-Mantel“. Damit würden die ohnehin großen Abhängigkeiten der öffentlichen Verwaltung von Microsofts proprietärer Software weiter wachsen.

Für Lizenzen wird die Bundesregierung steigende Preise zahlen müssen. Im Jahr 2023 zahlte der Bund für Software-Lizenzen und IT-Leistungen an Microsoft insgesamt rund 198 Millionen Euro. Knapp die Hälfte davon, rund 98,5 Millionen Euro, entfielen auf unbefristete Lizenzen. Im Jahr 2017, also nur fünf Jahre zuvor, lagen die Ausgaben noch bei 74 Millionen Euro.

Mit ihrer Entscheidung für die Delos-Cloud schränkt die Ampel den eigenen Entscheidungsspielraum, aber auch den Handlungsspielraum für den Einsatz von Open-Source-Alternativen massiv ein. Es werde zunehmend schwieriger, offene Software-Alternativen in die Verwaltung zu integrieren, so Domscheit-Berg. Und dass, obwohl die Verwaltungscloud-Strategie des Bundes offiziell Open Source den Vorrang einräumt.

Mehr noch: Der IT-Arbeitsplatz von Microsoft, Microsoft Exchange, konkurriert mit dem souveränen Arbeitsplatz openDesk vom Zentrum für Digitale Souveränität. Die Ampel erklärt, dass MS Exchange den Azure Technologie-Stack erforderlich mache, und stellt sich darauf ein, dass der Bedarf an Cloud-Leistungen zunimmt.

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Das enge Band zu Microsoft

Zwar nutzen die Bundesbehörden mit der Delos-Cloud nicht direkt Microsofts Rechenzentren in den USA. Doch die Microsoft-Azure-Technologie kann in den Rechenzentren der SAP Tochter Delos nicht abgeschottet laufen. Denn um Software-Updates einspielen zu können, müssen Delos‘ Server über ein Netzwerk mit den Servern von Microsoft verbunden sein.

Das räumt die Bundesregierung in ihrer Antwort selbst ein, und sie bestätigt damit die Einschätzung des ehemaligen Delos-Co-Chefs, Georges Welz. In einem Heise-Interview hatte Welz erklärt, die Delos-Cloud biete digitale Souveränität nur mit einem Ablaufdatum. Sie könnte, etwa im Fall eines Handelskonflikts mit den USA, nur einige wenige Monate unabhängig von Microsoft betrieben werden.

Auch sei es nicht ausgeschlossen, dass Daten etwa in Richtung von US-Geheimdiensten abfließen. Die Dienste haben das Recht, US-Firmen dazu zu zwingen, die Daten von Kund:innen auszuspähen.

Grenzen digitaler Souveränität verschoben

Einen Widerspruch zur digitalen Souveränität sieht die Bundesregierung in der Delos-Cloud dennoch nicht. „Die Nutzung von cloudbasierter proprietärer Software stellt nicht zwangsläufig ein Risiko für die digitale Souveränität dar“, schreibt sie in ihrer Antwort. Ein Handlungsbedarf bestehe erst dann, wenn sich hieraus unerwünschte Abhängigkeiten ergeben.

Die Bundesregierung prüfe derzeit im Rahmen des Projekts Microsoft Sovereign Cloud (MSSC), ob die Delos-Cloud mit Blick auf Informationssicherheit, Datenschutz und Geheimschutz unbedenklich ist. Das Ergebnis sei noch offen. Wann ein Ergebnis vorliegt, ist aktuell nicht absehbar. Für die Entscheidung, ob die Delos-Cloud in der öffentlichen Verwaltung zum Einsatz komme, spiele das aber ohnehin keine Rolle. Diese werde unabhängig davon getroffen.

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Author: Esther Menhard

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