Köln | KOMMENTAR | Derzeit finden im Kölner Stadtrat fünf parallele Planungen zur Zukunft der Kölner Innenstadt statt, die räumlich sehr eng beieinander liegen: das ist zum einen die Hohenzollernbrücke und ihre Erweiterung auf der Südseite, die Ost-West-Achse, die Anbindung des Deutzer Hafens, die Frage der Fußgängerzone Deutzer Freiheit und die neue Brücke an der Bastei. Wer verknüpft diese fünf Projekte, die auf engstem Kölner Innenstadtraum liegen verkehrlich und stadtplanerisch fragt Andi Goral in seinem Kommentar?
Die Kölner Kommunalpolitik und die Kölner Stadtverwaltung wollen den Verkehr in der Kölner Innenstadt neu planen oder weitergehend formuliert müssen den Verkehr neu planen. Nicht nur wegen des Buzzwortes Verkehrs- beziehungsweise Mobilitätswende, sondern auch wegen der anstehenden städtebaulichen Veränderungen. Es steht außer Frage, dass Kommunalpolitik und Verwaltung hier verantwortlich und zukunftsgerichtet handeln, denn sie nehmen sich dieser Themen richtigerweise an. Wer die Debatten in den Ausschüssen intensiv verfolgt, bekommt aber den Eindruck, dass jedes dieser fünf Projekte mit einer eigenen Projektbrille angesehen wird und niemand eine Brille aufsetzt, die das gesamte Bild in den Blick nimmt und erkennt welche Potenziale eine Vernetzung – zumindest im gemeinsamen Denken der Projekte aus verkehrlicher Planung, bieten könnte. Dabei gibt es aus der engagierten Bürgerschaft Rückmeldungen und Ideen. Nehmen wir die letzte Idee der Ost-West-Promenade aus den Reihen des BUND Köln vor dem Hintergrund des Klimawandels und bringen wir sie einmal übereinander mit der politischen Debatte um die Erweiterung der Hohenzollernbrücke auf der Südseite.
Radverkehr über die Hohenzollernbrücke läuft linksrheinisch auf den Roncalliplatz oder die Rheinpromenade
Im Kölner Verkehrsausschuss wurde die Frage aufgeworfen, wie der Radverkehr über die erweiterte Hohenzollernbrücke geführt werden kann. Dabei wurde durchaus viel Richtiges gesagt. Die Stadtverwaltung wiegelte ein wenig ab und erklärte, dies werde erst später geplant. Dabei ist diese Frage essentiell in mehrfacher Hinsicht. Die Radfahrenden sehen in der Verbindung über die Hohenzollernbrücke die kürzeste Verbindung in die Kölner Innenstadt oder nach Deutz. Das ist korrekt, aber schwierig. Denn linksrheinisch endet die Strecke aktuell auf dem Heinrich-Böll-Platz und wenig später im Nadelöhr zwischen Museum Ludwig, Römisch-Germanischen Museum, Dom und Dombauhütte. Wo sollen da bitte die Radfahrenden fahren? Ein Radschnellweg rund um den Kölner Dom, das Weltkulturerbe, der dann an der Kreuzblume über die Treppen auf die Trankgasse geführt wird? Dann steht der Vorschlag im Raum, die Radfahrenden könnten an die Rheinpromenade abgeleitet werden, really? Im linksrheinischen Köln rund um den Dom und an der Rheinpromenade müssen Menschen, die zu Fuß gehen, Vorrang haben. Auch wegen der Menschenmassen, der Touristen. Sechs Millionen Touristinnen und Touristen besuchen jedes Jahr den Dom und das Domumfeld, das sind rechnerisch 16.438 Menschen pro Tag. Da ist kein Platz für einen Radschnellweg.
Jetzt schlägt der BUND nicht nur vor, dass auf der Ost-West-Achse eine begrünte Promenade entstehen müsste, die den Umweltverbund stärkt. Der BUND fordert dort richtigerweise Vorrang für den Radverkehr. Wer diesen Gedanken mit den Schwierigkeiten, den Radverkehr auf der Erweiterung der südlichen Hohenzollernbrücke zu führen übereinander bringt kommt einer Lösung ziemlich nahe. Zwar bedeutet dies für den Radverkehr einen minimalen Umweg von vielleicht 100 Metern, aber wenn er freie Fahrt auf der Ost-West-Achse hat, ist dies eine attraktive Alternative. Vor allem wenn er rechtsrheinisch geführt auch durch die neue Brücke bei der Bastei eine Option hat dort erneut zu wechseln. Gleiches gilt für die Deutzer Freiheit, die hier umgestaltet eine ideale Verbindung sein könnte. Die Ost-West-Achse muss eigentlich die Radschnellverbindung werden, da die zu Fuß gehenden nur wenige Meter davon entfernt mit der Fußgängerzone in der Schildergasse eine Alternative haben. Das sieht der, der von oben draufschaut.
Und die Autofahrenden?
Es ist richtig, dass der BUND fordert, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszunehmen. Wer von Weiden zum Flughafen will, der muss mit dem Auto nicht unbedingt durch die Kölner Innenstadt fahren. Dafür gibt es Alternativen. Aber was ist mit all denen, die zum Shoppen mit dem Wagen nach Köln kommen wollen, etwa aus dem Bergischen? Auch hier gibt es eine Idee für den, der vernetzt denkt. Zum einen muss der Deutzer Hafen neu angebunden werden. Dazu gibt es eine Debatte, wie die Trassenführung einer Stadtbahnlinie sein könnte. Es gibt die Forderung der Anbindung an den Deutzer Bahnhof und dann die Weiterführung auf der Trasse Richtung Mülheim. Eine charmante Idee, denn am Messekreisel befindet sich ein gigantisches Parkhaus und eine Parkfläche. Die steht zwar nicht immer, aber doch sehr oft, wenn nicht die meiste Zeit leer. All das gehört einem städtischen Unternehmen, der Kölnmesse. Wer also mit dem Auto aus dem Bergischen anreist, könnte hier parken und auf die Öffis umsteigen. Dazu braucht es natürlich noch einen guten Tarif fürs Parken und Bahnfahren in die Innenstadt.
Vernetzen und vernetzt planen
Wäre es nicht sinnvoll einmal von oben aus der Vogelperspektive auf alle diese singulären Verwaltungsvorlagen und politischen Anträge zu schauen und zu prüfen, wie Stadtentwicklung und innerstädtischer Verkehr intelligent für die Zukunft und dazu noch kostengünstig aufgestellt werden können, auch wenn dies wegen Vorgaben, Rechtlichen Bewertungen und so weiter noch viele Bedenkenträgerinnen und Bedenkenträger auf den Plan rufen wird. Also einmal das große Ganze betrachten und als Lösungsmatrix entwickeln und dann die singulären Lösungen in das Große und Ganze zu puzzeln im Sinne von optimierten Lösungen für zu Fuß gehende Touristen, radelnde Kölnerinnen, Kölner und motorisierte Shopperinnen und Shopper? Zumindest ein Gedanke ist es Wert, über Vernetzung und vernetzte Planung nachzudenken, vielleicht klappt es dann auch mit dem KK-Effekt, also dem Kopenhagen-Köln-Effekt. Ach ja, da war noch etwas: Was ist eigentlich aus der Idee der Rheinseilbahn geworden?