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Urteile der Woche (KW 41): Attila Hildmann zahlt ungewollt seine Strafe

Es gibt nicht nur immer mehr Prozesse gegen Demokratiefeinde – es gibt auch immer mehr Urteile, z.B. gegen Attila Hildmann. Die Abgrenzung, wer „Querdenker“, Rechtsextremist, Antisemit, Reichsbürger oder alles gleichzeitig ist, fiel immer schwieriger. Am Ende wählen die meisten ohnehin die rechtsextreme AfD oder stehen ihr ideologisch zumindest nahe. Die Übergänge verflossen immer weiter. Zugleich haben viele der Verurteilten auch deutliche Schnittmengen mit anderen demokratiegefährdenden Gruppen, sodass wir uns entschlossen haben, die „Querdenker“-Urteile umzubenennen. Letzte Woche berichteten wir u.a. darüber, dass der rechtsextreme AfD-Richter Jens Maier nicht mehr als Richter arbeiten darf, die AfD aber vom Verfassungsschutz beobachtet werden:

Attila Hildmann zahlt Strafe ohne, dass er es wollte

Der Judenhasser und ehemalige Kochbuchautor Attila Hildmann hetzte in der Hochphase der Covid19-Pandemie gegen jeden, der ihm irgendwie nicht gefiel. Seien es Leute, die sich impfen ließen, die Maske trugen, die einen anderen Glauben haben oder eine andere Nationalität. Niemand war vor ihm sicher, außer vielleicht seine rechtsradikale Filterblase im Querdenkermilieu. Auch vor Volksverpetzer machten seine wahnhaften Lügen und seine Verschwörungsmythen nicht halt.

Einer, der immer wieder Opfer von Attila Hildmanns Verbalattacken wurde und auch mit dem Tod bedroht wurde, ist Volker Beck. Beck war bis 2017 Mitglied im Bundestag für Bündnis 90/Die Grünen und ist heute Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Bereits 2021 wurde Attila Hildmann verurteilt und sollte Beck eine Geldentschädigung in Höhe von 1.000 € zahlen. Die Gerichtskosten muss er obendrein auch noch tragen. Die gemeinnützige Organisation HateAid unterstützt(e) Volker Beck bei der juristischen Vertretung. Zuvor hat sich Hildmann bereits 2020 auf den Weg in die Türkei gemacht, als ihm verraten wurde, dass angeblich ein Haftbefehl gegen ihn offen sei. Seine aktuellen Kontodaten sind nicht bekannt, die Türkei kooperiert nicht.

Die Zwangsvollstreckung erwies sich durch seine Flucht in die Türkei als schwierig. „Dank akribischer Recherche und anwaltlicher Prüfung konnte jetzt durch die Zwangsvollstreckung doch noch ein Weg gefunden werden, um Attila Hildmann zur Zahlung zu zwingen“, schreibt HateAid in ihrer Presseerklärung. Sie haben einen einfachen Trick gefunden: Attila Hildmann war ursprünglich für seine veganen Kochbücher bekannt geworden. Die Bücher können nach wie vor gekauft werden und die Buchhandlung Thalia weigerte sich 2020, seine Bücher aus dem Sortiment zu nehmen. Durch die Zwangsvollstreckung seiner Einnahmen aus den Buchverkäufen konnten so mittlerweile schon 500 € gepfändet werden.

Volker Beck ruft auf, sich gegen Hass zu wehren

Volker Beck äußert sich in der Presseerklärung hierzu wie folgt:

„Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal langsam. Doch eines kann ich hier dank HateAid in der Causa Hildmann wirkungsvoll zeigen: Gegen Hass kann man sich wehren. Und Morddrohungen können einem teuer zu stehen kommen. Man darf sich so etwas nicht gefallen lassen.“

Auch die prozessbevollmächtigte Rechtsanwältin Dr. Saskia Ostendorff aus Berlin ermutigt, sich Hass nicht einfach gefallen zu lassen: 

„Der Fall Hildmann zeigt: Es ist möglich, Täter*innen auch dann zu belangen, wenn sie versuchen, sich dem Zugriff der deutschen Justiz zu entziehen. Selbst wenn es Umwege erfordert oder Jahre dauert: Auch wer untertaucht, muss die Konsequenzen seines Handelns tragen.“

Mann verschickte 1260 Nachrichten in rechter Chatgruppe

Ein 25 Jahre alter Mann mit arabischer Migrationsbiographie stand diese Woche in Löhne vor Gericht, da er in mehreren Chatgruppen 1260 Nachrichten mit teils deutlich volksverhetzenden und verfassungsfeindlichen Inhalten geteilt hatte. Das Westfalen-Blatt berichtet:

„Am drastischsten war ein Bild eines Mannes mit dunkler Hautfarbe, der mit einem deutschen Sturmgewehr abgebildet war. Dabei stand ein Schriftzug, der dazu aufgerufen hatte, mit einem solchen vollautomatischen Gewehr auf diese Bevölkerungsgruppe zu schießen.“

Hitlergrüße, Holocaustleugnung und mehr

Häufiger teilte er auch ein Bild, auf dem ein uniformierter Mann mit verbotenen Hitlergruß zu sehen war. Und auch ein Bild, auf dem Adolf Hitler grinsend den Mord an den Juden während des Zweiten Weltkriegs als „Wettbewerb“ verharmloste. Die Chatgruppen hatten jeweils zwischen 12 und 450 Mitglieder.

Der als Produktionshelfer tätige Mann, der ohne Verteidiger zur Verhandlung erschien, erhielt eine Strafe von 90 Tagessätzen zu je 60€, gesamt 5.400€. Acht Fälle der Verbreitung verfassungswidriger Kennzeichen, sowie fünf Fälle der Volksverhetzung sahen sowohl Staatsanwalt als auch Richter als erwiesen an, zumal sich der Angeklagte zu allen Tatvorwürfen bekannt und entschuldigt hatte. Bisher war er nicht vorbestraft und das wird er auch jetzt nicht sein. Die 90 Tagessätze sind genau die Grenze, dürften aber ein deutlicher Warnschuss sein. Am Ende der Verhandlung war seine größte Sorge, ob er jetzt sein neuestes iPhone wiederbekommt. Richter und Staatsanwalt verneinten dies, es sei ein Tatwerkzeug und werde einbehalten.

Razzia gegen Reichsbürger & Festnahmen in mehreren Bundesländern

Am Dienstag fanden in mehreren Bundesländern zeitgleich koordinierte Razzien gegen Reichsbürger statt. Alle Personen stehen im Verdacht, Teil der Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“ rund um die Entführung von Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach zu sein. Ihnen wird vorgeworfen, einen politischen Umsturz und eine neue Verfassung nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreichs aus dem Jahr 1871 geplant zu haben. Wir berichteten:

AfD-Fans und Querdenker bejubelten die Tatsache, dass man ihn entführen und seine Personenschützer ermorden wollte. Wir hatten das damals gesammelt und die Reaktionen zusammengetragen. Die aktuellen Razzien fanden in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Hessen statt. Die Tagesschau berichtet, dass in Bayern ein Mann festgenommen wurde, der sich bereiterklärt habe, Schusswaffen aus Kroatien zu besorgen. „In Rheinland-Pfalz wurden demnach ein 52-jähriger Mann und eine 32-jährige Frau festgenommen. Der Mann steht unter Verdacht, Hochspannungsleitungen ausgekundschaftet zu haben. Die Frau soll mehrere Chatgruppen betrieben haben, in denen weitere Unterstützer angeworben wurden. Außerdem soll sie ein Dokument mit Anleitungen zur Herstellung von Sprengstoff erstellt haben.“ (Quelle: Tagesschau).

Lauterbach zeigte sich nach Festnahmen erleichtert

Weiter wurde in Hessen ein Mann festgenommen, der an Treffen der Gruppe teilnahm, sich aber auch dazu bereiterklärt hatte, seine Garage als Zwischenlager für Waffen zur Verfügung zu stellen. Bei der Razzia wurden eine Armbrust und eine Luftdruckwaffe beschlagnahmt. Erste Prozesse aus der Terrorgruppe laufen bereits. Intern nannten die „Vereinten Patrioten“ ihr Vorhaben rund um Lauterbach auch „Operation Klabautermann“:

Prof. Dr. Karl Lauterbach selbst schrieb am Dienstag auf Twitter: „Ich danke den Ermittlern, denen ich wahrscheinlich mein Leben verdanke.“

Stadt darf Neonazi-Treffpunkt ankaufen und Tommy Frenck geht leer aus

Der frühere NPD-Politiker Tommy Frenck betreibt in Kloster Veßra einen Neonazi-Treffpunkt namens „Goldener Löwe“. Weiter bekannt ist er durch seinen Onlineversand „Druck18“ mit rechter Kleidung, Tonträgern mit eindeutigen NS-Bezügen und auch alkoholische Getränke sind dabei, so beispielsweise das „Deutsche Reichsbräu“ in der Landser-Edition oder ein „Refugees not welcome“-Bier. Das Reichsbräu-Bier ist kein „Scherz“ mit Verherrlichung von rechtsextremen Symbolen und Bezeichnungen, sondern genau so gemeint. Das Nazi-Bier wird von vielen rechtsextremistischen Persönlichkeiten gefeiert, darunter auch Ursula Haverbeck, die mehrfach verurteilte und zuletzt inhaftierte Holocaustleugnerin.

Szenetreffpunkt im historischen Denkmal

Um den „Szenetreffpunkt“ in Groß Veßra gab es immer wieder Diskussionen. Der wegen Steuerhinterziehung angeklagte Frenck betreibt ihn seit 2014 und ließ dort auch immer wieder Veranstaltungen, Konzerte etc. stattfinden. Im selben Jahr schloss er auch einen Kaufvertrag mit dem Eigentümer, der jedoch nie wirksam wurde, da die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausüben wollte. Frenck gefiel das nicht und klagte vor Gericht dagegen und ging sogar in Berufung. Die Stadt begründete ihren Vorkaufswunsch mit dem Fakt, dass es sich dabei um ein Denkmal handele.

Die Richter kamen nun zu dem Ergebnis, dass es sich um das einzige Gasthaus im Ort handele und dies „aufgrund seiner historischen Bedeutung als Denkmal zu bewerten sei. Es bestehe damit ein öffentliches Interesse.“ wie der MDR berichtet.
Den bisherigen Nutzungsvertrag, der Frenck ermöglicht dort seinem Gewerbe nachzugehen, könnte somit in naher Zukunft Geschichte sein. Das Urteil ist rechtskräftig und Frenck kann nicht mehr dagegen vorgehen. Eventuell plant Groß Veßra ja auch ein Informations- und Dokumentationszentrum zur Geschichte des Nationalsozialismus daraus zu machen? Wir sind gerne bereit die entsprechenden Fakten dafür zu liefern!

Artikelbild: Carsten Koall/dpa

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