Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Die Content-Industrie geht in letzter Zeit vermehrt gegen grundlegende Infrastrukturen und Dienste des Internets vor, um das Urheberrecht durchzusetzen. In einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln hat es nun Cloudflare getroffen. Das Unternehmen wird für die Bereitstellung eines Content Delivery Networks als Täter in Haftung genommen.
Das Oberlandesgericht Köln hat laut einer Pressemitteilung des Bundesverbands der Musikindustrie (BVMI) entschieden, dass der Dienstleister Cloudflare nicht Störer, sondern Täter ist, wenn über sein Content-Delivery-Network (CDN) Downloads zu einem urheberrechtlich geschützten Album angeboten werden. Cloudflare wird mit dem Urteil verpflichtet, den Zugang zu einem Musikalbum über die Domain ddl-music.to zu verwehren. Die Download-Webseite hatte allerdings schon vor einiger Zeit wegen rechtlicher Probleme den Betrieb eingestellt.
Dennoch könnte das Urteil sich auch auf andere Webseiten und andere CDN-Dienste auswirken. Sie könnten sich dann nicht mehr auf die für Zugangsprovider im Telemediengesetz (TMG) und im EU-Recht vorgesehenen Haftungsprivilegien berufen, sondern würden direkt haften.
Das Oberlandesgericht hält so laut dem Musikverband ein Urteil des Landgerichts Köln vom September 2022 „teilweise aufrecht“. Heise.de berichtet, dass das Plattenlabel Universal Music in der niedrigeren Instanz bereits Ende 2020 eine einstweilige Verfügung erreicht hatte, wonach Cloudflare der Störerhaftung unterliege. Laut diesem Urteil können die Betreiber von Content-Delivery-Netzwerke zur Verantwortung gezogen werden für Urheberrechtsverletzungen, selbst wenn diese auf Drittseiten erfolgen. Bei heise heißt es weiter: „Mit zum Verhängnis wurde Cloudflare dabei, dass seine Produkte durch verteilte Zwischenspeicherung in Proxy-Servern direkten Internetverkehr von Kundenservern fernhalten, Zugriffe auf das Domain Name System (DNS) mit eigenen Resolvern umleiten und so die Identität der Seitenbetreiber verschleiern können.“
Content-Industrie greift grundlegende Infrastruktur an
Rechteinhaber wie die Musikindustrie versuchen zunehmend, auch die grundlegenden Infrastrukturen des Internets bei ihren Urheberrechtsklagen ins Visier zu nehmen. So war Sony Music gegen den DNS-Resolver Quad9 vorgegangen und hatte mit seiner Klage sogar Erfolg vor Gericht. Auch in diesem Fall stufte das Gericht den Anbieter als Täter ein. Dabei übersetzt Quad 9 lediglich Domainnamen in IP-Adressen, ist also eine Art technischer Wegweiser, damit das Internet funktioniert. Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Dresden ist noch nicht abgeschlossen.
In einem anderen Fall gingen in Deutschland die Musiklabels Sony Music, Universal Music und Warner Music gegen den Hoster Uberspace vor. Der hatte die Website eines Open-Source-Projekts gehostet, mit der sich Youtube-Videos herunterladen lassen – ohne die Software selbst auf seinen Servern anzubieten. Auch hier gewann die Content-Industrie, dieses Mal vor dem Landgericht Köln.
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Author: Markus Reuter