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“Ungeziefer” & “vergiftetes Blut”: Donald Trumps Nazi-Rhetorik

Donald Trump benutzt seit Jahren eine Sprache, die seine Gegner verächtlich macht, rassistische Ressentiments schürt und Hass wecken soll. So weit, so wenig Neues – doch in den letzten Monaten des vergangenen Jahres hat sich seine Rhetorik noch einmal verschärft. In einem Interview mit der rechten Website “The National Pulse”, das auf Twitter gestreamt wurde, behauptete er Ende September 2023, Migranten würden “das Blut des Landes vergiften”. Auf die Frage danach, wie er auf Einwanderung über die Südgrenze des Landes reagieren würde, sagte er:

„Niemand hat eine Ahnung, woher diese Menschen kommen, und wir wissen, dass sie aus Gefängnissen kommen. Wir wissen, dass sie aus psychiatrischen Anstalten und Irrenhäusern kommen. Wir wissen, dass sie Terroristen sind. Niemand hat je so etwas gesehen, wie wir es jetzt erleben”. Dann fügte er hinzu: “Das ist eine sehr traurige Sache für unser Land. Es vergiftet das Blut unseres Landes. Es ist so schlimm, und die Menschen kommen mit Krankheiten. Die Leute kommen mit allem Möglichen, was man haben kann.“ 

Trump spricht es inzwischen laut aus

Trump hatte schon 2016 verkündet, dass Einwanderer, die über die mexikanische Grenze ins Land kommen würden, “Terroristen” seien und aus “Irrenanstalten” kämen – dafür gab es damals wie heute keine Beweise. Doch die Behauptung, das “Blut” Amerikas werde durch sie vergiftet, ist eine neue Eskalation seiner Rhetorik – ein weiterer Moment, in dem der bisher weitgehend “stille” Teil der Implikation seiner Worte nun laut gesagt wird.

In “Mein Kampf” schrieb Hitler im Kapitel “Rasse und Volk”: “Der rassisch rein und unvermischt gebliebene Germane des amerikanischen Kontinents ist zum Herrn desselben aufgestiegen; er wird der Herr so lange bleiben, so lange nicht auch er der Blutschande zum Opfer fällt.” 

Die Vorstellung vom “reinen Blut” wurde die Basis des biologistischen, völkischen Verständnisses von “Rasse”, die “Menschenrassen” in lebenswert und lebensunwert einteilte. Der Hitler’sche Wahn vom “reinen Blut” ist in den letzten Monaten und Wochen zum festen Bestandteil von Trumps Wahlkampfrhetorik geworden: Denn es sollte nicht bei einer einmaligen verbalen Eskalation bleiben – Trump hat die Behauptung seitdem mehrfach wiederholt, zum Beispiel auf einer “Commit to Caucus” Veranstaltung in Iowa:

“Es ist wahr, sie zerstören das Blut des Landes. … Sie mögen das nicht, dass ich das gesagt habe.” Er fügte hinzu, dass er “Mein Kampf” nicht kenne: „Ich habe ‚Mein Kampf‘ nie gelesen. Sie sagten: ‚Oh, Hitler hat das gesagt‘. Auf eine ganz andere Art und Weise. Jetzt kommen sie aus der ganzen Welt. Menschen aus der ganzen Welt. Wir haben keine Ahnung. Sie könnten gesund sein, sie könnten sehr ungesund sein, sie könnten Krankheiten einschleppen, die sich in unserem Land ausbreiten werden. Aber sie bringen Verbrechen mit.“ 

Die Parallelen zu faschistischen Bewegungen

Abgesehen davon, dass Trump bereits in der Vergangenheit seiner Bewunderung für Diktatoren wie Vladimir Putin und Kim-Jong Un Ausdruck verliehen hat, laut seiner Exfrau Ivana Trump ein Buch mit Hitlers Reden besaß und 1990 selbst behauptete, ein Exemplar von “Mein Kampf” zu besitzen, ist es letztlich irrelevant, ob Trump nun “Mein Kampf” gelesen hat oder nicht – ob sein Faschismus sich bewusst an dem Hitlers orientiert oder ihm zugeflogen ist, macht in der Sache keinen Unterschied. 

Die Beispiele, die eine direkte Parallele zur Sprache faschistischer Bewegungen erkennen lassen, werden allerdings zahlreicher – ein Indiz für die immer rascher voranschreitende Enthemmung der amerikanischen Rechten. 

Führende Republikaner hielt Trumps offene Nähe zu Hitlers Rhetorik nicht davon ab, ihm ihre Unterstützung zuzusichern. Niemand aus der Führungsriege der Republikaner forderte, dass Trump seine Äußerungen zurücknehmen oder sich gar entschuldigen sollte. Senator Lindsay Graham (R-South Carolina) verteidigte Trumps Äußerungen gegenüber NBC: “Wir reden hier über Sprache. Es ist mir egal, welche Sprache die Leute benutzen, solange wir es hinbekommen.”

Graham versuchte, die Kritik als Erbsenzählerei abzutun, und sagte weiter: „Wenn Sie glauben, dass Sie die Debatte über die illegale Einwanderung gewinnen können, indem Sie eine Zeile aus der Trump-Rede herauspicken, verstehen die meisten Amerikaner, dass sich das Spiel ändern muss, dass wir bedroht sind, dass wir angegriffen werden, dass unsere Grenze komplett zerstört wurde. Wenn man also über die Sprache spricht, die Trump verwendet, anstatt zu versuchen, das Problem zu lösen, ist das eine verlorene Strategie für die Biden-Regierung“.

Republikaner tolerieren die offene Nazi-Rhetorik

Der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, vermied es, Trump für seine Behauptungen zu Einwanderern und “vergiftetem Blut” direkt zu kritisieren, sondern hatte nur eine schnippische Bemerkung für ihn übrig, mit der er auf seine private Fehde mit Trump anspielte: “Mir scheint, es hat ihn nicht gestört, als er Elaine Chao zur Verkehrsministerin ernannte“. Elaine Chao, McConnells Ehefrau, war als Kind von Taiwan in die USA eingewandert, und wurde von Trump mehrfach rassistisch beleidigt. Senator Tom Thillis (R-North Carolina) nannte Trumps Wortwahl “nicht hilfreich”, und Senatorin Shelley Moore-Capito (R-Virginia) sagte: “Ich bin natürlich nicht damit einverstanden.

Ich meine, wir sind alle Kinder von Einwanderern.” Senator Dan Sullivan (R-Alaska) sagte gegenüber Politico: “Ich würde diese Rhetorik nicht verwenden. Aber vergiften diese illegalen Einwanderer die Amerikaner und töten sie mit einer wirklich hohen Rate? Ja, besonders in meinem Bundesstaat, und ich bin 4.000 Meilen von der Grenze entfernt.“ Ein alter rhetorischer Trick – sich von der Sprache distanzieren, aber die Lüge, die darin verpackt ist, bestätigen. Senatorin Lisa Murkowski, die ebenfalls für Alaska im Senat sitzt, war eine der wenigen auf der nationalen Bühne sichtbaren Republikaner, die Trumps Sprache kritisierten. Sie schrieb auf Twitter, dass es stattdessen Trumps Rhetorik sei, die das “Land vergifte”.

Republikaner nehmen Trump in Schutz

Senator J.D. Vance (R-Ohio) versuchte ebenfalls, Trump in Schutz zu nehmen: “Zunächst einmal hat er nicht gesagt, dass die Einwanderer das Blut dieses Landes vergiften. Er sagte, dass illegale Einwanderer das Blut dieses Landes vergiften, was objektiv und offensichtlich für jeden wahr ist, der sich die Statistiken über Fentanyl-Überdosen ansieht“, sagte Vance. Das ist nicht wahr – Trump hatte in New Hampshire verkündet, dass “Millionen von Menschen ins Land gelassen” würden, die “das Blut unseres Landes vergiften” – von Fentanyl war keine Rede, obwohl neben Vance auch die Abgeordnete Nicole Malliotakis (R-N.Y.) versuchte, genau das zu behaupten:

„Als [Trump] sagte ’sie vergiften‘, hat er wohl die Politik der Demokraten gemeint. Ich glaube, er sprach über die Politik der offenen Grenzen“, sagte Malliotakis im Interview mit CNN. „Und wenn man sich anschaut, was mein Bürgermeister, unser Bürgermeister hier in New York City sagt, dass diese Migrantenkrise New York City zerstört, dann denke ich, dass es so ziemlich das Gleiche ist.“ Auch das ist nicht wahr – Trump bezog sich nicht auf amerikanische Politik, sondern auf “Millionen Menschen”, die angeblich in das Land einfallen und das “Blut” des Landes “vergiften” würden.

Senator Tommy Tuberville (R-Alabama) klagte, dass er sich gewünscht hätte, dass Trump noch härtere Worte gefunden hätte: “Ich bin wütend, dass er nicht noch tougher war. Weil wenn man sieht, was an der Grenze passiert, wir werden überrannt. Sie übernehmen uns [sic].” Von Elise Stefanik, die im Repräsentantenhaus als Republican Conference Chair fungiert, gab es kein Statement zu Trumps Äußerungen.

Gegen Antisemitismus sein wollen, aber Trump unterstützen

Sie hatte zuvor während einer Anhörung im Kongress verkündet, dass es Zeit sei für eine “Abrechnung” mit denen, die nicht gegen Antisemitismus einstehen würden. Dass der aktuell wahrscheinlichste Spitzenkandidat ihrer Partei eine Sprache benutzt, mit der Hitler und die Nazis den Mord an Millionen Juden rechtfertigten, an behinderten Menschen, ihren politischen Gegnern und allen, die ihnen als “lebensunwert” erschienen, kommentierte sie nicht. Stefanik hatte zuvor selbst den rechtsextremen, antisemitischen Mythos vom “Great Replacement” (Großer Austausch) verbreitet. Und auch Ronna McDaniel, die GOP-Vorsitzende, wich Fragen zu Trumps Bemerkungen aus und sagte lediglich: “Ich werde mich nicht zu den Kandidaten und ihren Wahlkampfbotschaften äußern. Ich werde Folgendes sagen: Ich weiß, dass Präsident Trump die Veteranen unterstützt, unsere ganze Partei unterstützt unsere Veteranen. Und ich denke, wir befinden uns in einem sehr ernsten Moment in unserem Land.”

Kritik gab es für Trumps Äußerungen nicht nur aus den Reihen der Demokraten und von Wissenschaftler*innen, sondern auch von anderen Konservativen – allerdings vor allem von denen, die in der aktuellen Republikanischen Partei ohnehin nichts mehr zu sagen haben – wie Liz Cheney. Die einstige Nummer Drei der Republikaner im Repräsentantenhaus verlor nach ihrer Kritik an Trumps Weigerung, seine Wahlniederlage 2020 einzugestehen, ihrer Verurteilung des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar und ihrer Teilnahme – mit Adam Kinzinger als einzige Republikaner – am Untersuchungsausschuss zum 6. Januar, krachend die innerparteilichen Vorwahlen und schied aus dem Kongress aus.

Fox News steht auch hinter Trumps Nazi-Rhetorik

Cheney, nach wie vor erzkonservativ, kommentierte Trumps Äußerungen und McDaniels Weigerung, diese zu verurteilen, so: “Wenn die @GOPChairwoman sich weigert, den Spitzenkandidaten der GOP dafür zu verurteilen, dass er dieselbe Nazi-Propaganda benutzt, die das Deutschland der 1930er und 40er Jahre zum Bösen mobilisierte, kann man davon ausgehen, dass sie mit ihm kollaboriert. Die Geschichte wird über Ronna McDaniel und jeden Republikaner urteilen, der diesen gefährlichen Mann beschwichtigt.”

Auch Fox News sprang Trump zur Seite und versuchte, die Sorge über Trumps Nazi-esque Rhetorik als hysterisch abzutun. Moderator Brian Kilmeade klagte beispielsweise, dass Trump nur “lasst Amerika Amerika bleiben” habe sagen wollen: „Er hat über die Grenze gesprochen. Er hat über Menschen gesprochen, die aus anderen Ländern kommen, die aus Gefängnissen kommen. Und sie wollten sich in allen Sonntagssendungen auf das Wort ‚Gift‘ konzentrieren, das er benutzt hat […] Und sie haben versucht zu sagen, dass die Sprache das Problem ist.“

Dass Fox sich nach wie vor für Trump im Strohmann-Boxen übt, ist wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass der Sender seit Jahren den rechtsextremen Verschwörungsmythos des “Great Replacement”, in deutschen rechtsextremen Kreisen unter dem Begriff „Umvolkung“ bekannt, bewirbt

Trump nutzt seine „Blut“-Aussagen im Hitler-Stil einfach weiter

Im Dezember wiederholte Trump das Bild vom durch Einwanderer “vergifteten Blut”: „Sie lassen – ich glaube, die wirkliche Zahl sind 15, 16 Millionen Menschen in unser Land. Wenn sie das tun, haben wir eine Menge Arbeit vor uns. Sie vergiften das Blut unseres Landes. Das ist es, was sie getan haben. Sie vergiften psychiatrische Anstalten und Gefängnisse auf der ganzen Welt, nicht nur in Südamerika, nicht nur in den drei oder vier Ländern, an die wir denken, sondern überall auf der Welt. Sie kommen aus Afrika, aus Asien, aus der ganzen Welt in unser Land.“ Am 17. Dezember postete Trump erneut auf Truth Social:

“DIE ILLEGALE EINWANDERUNG VERGIFTET DAS BLUT UNSERER NATION. SIE KOMMEN AUS GEFÄNGNISSEN, AUS IRRENANSTALTEN – AUS DER GANZEN WELT. OHNE GRENZEN UND FAIRE WAHLEN HAT MAN KEIN LAND. MACHT AMERIKA WIEDER GROSS!” 

In seiner Rede in Claremont, New Hampshire, am Veterans’ Day, hatte sich Trump zuvor am 11. November einer weiteren, klassischen faschistischen Erzählung, bedient: Dass der “wahre Feind” im Inneren zu finden sei, dass parasitäre, geheim operierende Kräfte versuchten, das Land zu zerstören. Um Amerika zu retten, so Trump, müssten diese Feinde ausgelöscht werden. Er postete diese Aussagen auch auf seiner Social Media Plattform “Truth Social”:

“Zu Ehren unserer großen Veteranen am Veteranentag versprechen wir Ihnen, dass wir die Kommunisten, Marxisten, Faschisten und linksradikalen Verbrecher, die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben, lügen, stehlen und bei Wahlen betrügen und alles Mögliche tun werden, ob legal oder illegal, um Amerika und den amerikanischen Traum zu zerstören, mit der Wurzel ausreißen werden.” Und weiter: “Die Bedrohung durch äußere Kräfte ist weit weniger unheimlich, gefährlich und schwerwiegend als die Bedrohung von innen. Trotz des Hasses und der Wut der linksradikalen Verrückten, die unser Land zerstören wollen, werden wir AMERIKA WIEDER GROSS MACHEN!“

“Das ist ‘Mein Kampf’ wie aus dem Lehrbuch.” 

Die Gleichsetzung des politischen Gegners oder als feindlich markierter Personengruppen mit Parasiten oder Ungeziefer war ein fester Bestandteil nationalsoztialistischer Rhetorik, die den argumentativen Grundstein für die Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen legte: Denn das Bild des von Ungeziefer befallenen Wirts lässt keinen Zweifel daran, was in den Augen derer, die es verwenden, nötig sein wird, um den “Volkskörper” zu “retten”: Das Ungeziefer muss ausgerottet werden. Der Philosophie-Professor Jason Stanley der Yale Universität, und Autor des Bestsellers “How Fascism Works: The Politics of Us and Them”, kommentierte Trumps Äußerungen folgendermaßen: “Das ist kein Echo auf ‘Mein Kampf’. Das ist ‘Mein Kampf’ wie aus dem Lehrbuch.” 

Die Historikerin  Ruth Ben-Ghiat schreibt in ihrem Substack-Newsletter, dass sich auch Parallelen zu Benito Mussolini ziehen lassen: “Mussolini benutzte eine ähnliche Formulierung in seiner Himmelfahrtsrede von 1927, in der er die Absicht des Faschismus darlegte, Linke und andere Personen ‘prophylaktischen’ Maßnahmen zu unterwerfen, um den italienischen Staat und die Gesellschaft vor ihren schändlichen Einflüssen zu schützen. Als Il Duce diese Rede hielt, war die Diktatur bereits seit zwei Jahren installiert, und Oppositionspolitiker und Vertreter der Presse saßen im Gefängnis oder waren ins Exil gegangen. Das hielt ihn nicht davon ab, über die Tötung von ‘Nagetieren, die ansteckende Krankheiten aus dem Osten mitbringen, dem Osten, der uns so schöne Dinge wie Gelbfieber und Bolschewismus bringt’, zu sprechen”, schreibt die Historikerin.

Trump will gewalt gegen seine Feinde normalisieren

In einem Interview mit PBS sagte sie: “Faschisten und Autoritäre wollen immer zwei Dinge tun – sie wollen die Art und Weise ändern, wie die Menschen Gewalt sehen, indem sie sie zu etwas Notwendigem und Patriotischem und sogar moralisch Gerechtfertigtem machen, und sie wollen die Art und Weise ändern, wie die Menschen ihre Ziele sehen. Deshalb verwenden sie eine entmenschlichende Sprache.” Trump, analysiert Ben-Ghiat, tue beides: “Seit 2015 nutzt er seine Kundgebungen, um die Idee der Gewalt in etwas Positives zu verwandeln. Und jetzt fängt er an, eine entmenschlichende Rhetorik zu verwenden, all diese Gruppen, die wie Ungeziefer leben. Und das ist es, was die ursprünglichen Faschisten taten. Hitler fing 1920 an, über Juden als Parasiten zu sprechen.

Als er 1933 an die Macht kam, waren die Deutschen dieser entmenschlichenden Rhetorik bereits 13 Jahre lang ausgesetzt gewesen. Und Mussolini sprach buchstäblich von Ratten. Nachdem er 1927 Diktator geworden war, sagte er: ‘Wir müssen die Ratten töten, die ansteckende Krankheiten und den Bolschewismus aus dem Osten bringen.’ Das passt zu Trumps Äußerungen über Einwanderer, die Krankheiten und andere Dinge einschleppen.”

Trump-Sprecher droht seinen Kritikern mit „Vernichtung der gesamten Existenz“

Für diejenigen, die Trumps Rhetorik als faschistisch kritisierten, hatte dessen Sprecher Steven Cheung laut der  Washington Post eine recht verstörende Botschaft übrig: „Diejenigen, die versuchen, diese lächerliche Behauptung aufzustellen, sind eindeutig Schneeflocken, die nach irgendetwas greifen, weil sie unter dem Trump-Derangement-Syndrom leiden und ihre gesamte Existenz vernichtet wird, wenn Präsident Trump ins Weiße Haus zurückkehrt”. Auf den Vorwurf, man verwende faschistische Sprache, mit mehr faschistischer Sprache zu reagieren, ist eine interessante PR-Strategie. Cheung behauptete später, er habe eigentlich gemeint, dass nicht die “gesamte Existenz”, sondern die “traurige, miserable Existenz” vernichtet werden würde. (Nicht, dass das irgendetwas besser machen würde). 

Wissenschaftler*innen nehmen in Trumps Reden neben der neuen Radikalisierung jedoch auch rote Linien wahr, die sich durch die Geschichte der amerikanischen Rechten ziehen. Die Historikerin Heather Cox Richardson schrieb dazu auf ihrem Substack: “Liberale mit ‘Linken’ in einen Topf zu werfen, ist eine gängige Taktik der Bewegung der amerikanischen Rechten seit 1954, als L. Brent Bozell und William F. Buckley Jr. versuchten, Liberale – Amerikaner aller Parteien, die wollten, dass die Regierung die Wirtschaft reguliert, die Sozialversicherung und grundlegende Wohlfahrtsprogramme bereitstellt, Straßen und Krankenhäuser finanziert und die Bürgerrechte schützt – als Möchtegern-Sozialisten zu dämonisieren.” Liberale (im US-amerikanischen Sinn) als “Linke”, als “Marxisten” oder “Sozialisten” darzustellen, die man als Gefahr für die Existenz des Landes sieht, hat also eine lange Tradition in der amerikanischen Rechten. 

Erst kommen die Worte, dann die Taten – es gibt bereits konkrete Pläne

Besonders wichtig ist, nicht aus den Augen zu verlieren, dass hinter Trumps Worten ein klares politisches Programm steht. Seine Worte haben Folgen – nicht nur, weil entmenschlichende Sprache eine zunehmende Enthemmung der politischen Kultur mit sich bringt, sondern weil es konkrete Pläne gibt, sollte Trump wieder an die Macht kommen. Die Expertin für Faschismus und Autoritarismus Ruth Ben-Ghiat warnt, dass Trumps faschistische Rhetorik, mehr sei als eine Drohgebärde, sondern dass sie ein konkretes politisches Ziel verfolge: Trumps Wahlkampfteam habe “keine  Zweifel daran gelassen, was sie Einwanderern antun wollen”, sagte Ben-Ghiat gegenüber CNN und bezog sich dabei auf die Pläne des Trump-Teams im Falle eines Wahlsieges 2024 Massendeportationen und die Inhaftierung in Lagern durchzusetzen.

Die entmenschlichende Sprache, die Trump jetzt vermehrt einsetze, sei ein Bestandteil dieses politischen Plans – und wichtig, “um Amerikaner darauf vorzubereiten, diese Repressionen später zu akzeptieren. Das ist es, was so schrecklich ist, und ein weiterer Aspekt, der faschistisch ist.”  Ben-Ghiats Warnung ist eindringlich: Trump und Co würden ihre Verfolgung derer, die sie als Feinde sähen, ausweiten: “Jeder, der denkt, dass ihn das nicht stört, weil er kein Einwanderer ist – sie werden nicht bei den Einwanderern aufhören. Ich bin ziemlich besorgt darüber, dass [Trump] so oft von Gefängnissen und dem, was er ‘psychiatrischen Anstalten’ nennt, spricht.

Einrichtungen für politische Gegner sind bereits geplant

In einer anderen Rede erwähnte er sogar die Notwendigkeit, psychiatrische Einrichtungen auszubauen, um Menschen einzusperren, und er nannte den Sonderstaatsanwalt Jack Smith als jemanden, der in einer solchen ‚psychiatrischen Anstalt‘ landen sollte.“ Das sei in der Vergangenheit ein fester Bestandteil faschistischer Politik gewesen: „Sie steckten Menschen, die nicht an die Propaganda des Staates glaubten oder Unruhestifter waren, in psychiatrische Anstalten. Der Personenkreis, der ins Visier genommen wird, macht also nicht bei den Einwanderern halt.”

Dass der Spitzenreiter im Republikanischen Vorwahlkampf – der landesweit in Primary-Umfragen mit einem Abstand von nach wie vor mehr als 40 Prozent vorn liegt – Rhetorik verwendet, die ein Echo der Nationalsozialisten ist, ist schlimm genug – doch es bleibt nicht bei bloßen Worten. Trumps Wahlkampfteam hat nicht nur angekündigt, gegen ihnen unliebsame Journalisten, Staatsanwälte, Richter und Wissenschaftler vorgehen zu wollen, sondern auch mit Unterstützung der wichtigsten rechten Think Tanks eine komplette Umwälzung des administrativen Staats geplant, wobei unpolitische Beamte durch Trump-Loyalisten ersetzt werden und die Macht des Präsidenten massiv ausgeweitet werden soll. Neben Massendeportationen und Inhaftierung in Lagern planen Trumps Berater auch das Ende der Staatsbürgerschaft durch Geburt auf US-amerikanischem Boden. 

Es wäre schlimm genug, wenn es “nur” Worte wären. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.

Artikelbild:  murathakanart (Hitler) Evan El-Amin (Trump)

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