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Starkregen in Valencia: Karte zeigt nicht entfernte, sondern vorhandene Wehre und Dämme
Nach den Überschwemmungen Ende Oktober in der spanischen Provinz Valencia kursiert online eine Karte, die angeblich entfernte Staudämme in der Region zeigen soll. Doch die Karte zeigt etwas anderes.
von Paulina Thom
Blaue Punkte auf einer Karte zeigten Dämme und Wasserrückhaltebecken, die rund um Valencia in Spanien entfernt worden seien.
31.10.2024
Falsch
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Falsch. Die Karte stammt vom europäischen Projekt Amber und zeigt die mit Stand Juni 2020 vorhandenen Flussbarrieren.
Nach Starkregen in der spanischen Provinz Valencia kam es am 29. Oktober 2024 zu einer schweren Flutkatastrophe. Über 200 Menschen starben. In einigen Ortschaften fiel laut Medienberichten innerhalb eines Tages so viel Regen wie sonst in einem Jahr. Ursache für die Katastrophe war das Wetterphänomen Dana (Auf Spanisch: „Depresión Aislada en Niveles Altos“), ein Tiefdruckgebiet in großer Höhe über dem Mittelmeer.
Wie auch nach anderen Extremwetter-Ereignissen kursierten online Spekulationen und Falschbehauptungen. Seit dem 31. Oktober verbreitet sich auf X, Tiktok, Telegram, Facebook und Threads eine Karte von der Provinz Valencia. Die blauen Punkte darauf sollen entfernte Staudämme und Rückhaltebecken zeigen. Der Vorwurf: Die Überschwemmungen seien dadurch verschlimmert worden. Allein der Tiktok-Beitrag erreichte mehr als 150.000 Aufrufe. Doch die blauen Punkte auf der Karte zeigen mitnichten entfernte Flussbarrieren.
Laut dem Netzwerk „Dam Removal Europe“ sind im Radius der Karte keine Dämme entfernt worden
In einem der Telegram-Beiträge ist als Quelle für die Karte die Webseite „Dam Removal Europe“ angegeben. Dahinter steckt ein Zusammenschluss von Aktivistinnen und Aktivisten, Umweltorganisationen und Forschenden. Ihr Ziel ist es, den natürlichen Lauf von Flüssen wiederherzustellen und Dämme abzubauen. Das kann die Artenvielfalt und die Wasserqualität verbessern. Auf der Webseite der Organisation gibt es eine Karte, auf der für ganz Europa anhand von Punkten erkennbar ist, wo und wann ein Damm oder auch eine kleinere Flussbarriere bis zum Jahr 2023 abgerissen wurde.
Doch die Karte in Sozialen Netzwerken stammt nicht von dieser Webseite. Zum einen hat sie ein anderes Design. Wer sich auf der Karte von „Dam Removal Europe“ zudem das Gebiet rund um Valencia anschaut, findet gar keine Punkte für abgerissene Dämme oder Flussbarrieren.
Karte in Sozialen Netzwerken zeigt innerhalb des Projektes Amber erfasste Flussbarierren
Woher stammt die Karte aus den Beiträgen in Sozialen Netzwerken? Eine Bilder-Rückwärtssuche führt zu mehreren Faktenchecks, unter anderem . Sie fand heraus, dass die Karte vom europäischen Projekt Amber erstellt wurde. Wer auf deren Webseite in der Karte an die Stadt Valencia heranzoomt, findet dort denselben Ausschnitt, der in Sozialen Netzwerken kursiert.
Doch anders als behauptet, zeigen die grünen und blauen Punkte keine entfernten Dämme, sondern bestehende und über das Projekt Amber digital erfasste Flussbarrieren. Das bestätigte Carlos Garcia De Leaniz, leitender Forscher des Projekts, gegenüber der Redaktion von USA Today.
Im Rahmen des Projekts Amber haben unter anderem Wasserkraftunternehmen, NGOs und Forschungseinrichtungen, aber auch Bürgerinnen und Bürger, eine Bestandsaufnahme zu Barrieren in Flüssen erstellt. Die Karte zeigt den Stand von Juni 2020. Laut der Legende auf der Webseite zeigen die blauen Punkte Wehre, die grünen größere Dämme. Auch das Projekt Amber setzt sich dafür ein, Barrieren an Flüssen abzubauen.
Zwischen 2000 und 2021 wurden am Fluss Júcar 28 kleine und nicht mehr genutzte Barrieren entfernt
Zwischen 2000 und 2021 wurden in der Provinz Valencia fünf Wehre und kleinere Dämme abgerissen – also weitaus weniger als vorhandene Punkte auf der Karte in Sozialen Netzwerken. Das ist das Ergebnis einer Auswertung von Maldita mithilfe von Daten und einer Karte des spanischen Ministeriums für ökologischen Wandel und demografische Herausforderung.
Entlang des Flusses Júcar, der besonders von den Überschwemmungen betroffen war, seien im selben Zeitraum insgesamt 28 solcher Flussbarrieren entfernt worden. Bei keinem davon habe es sich um für den Hochwasserschutz relevante Staudämme oder Talsperren gehandelt, sondern um kleine, nicht mehr genutzte Dämme und Wehre, wie das Ministerium auf Anfrage der Faktencheck-Redaktion der AFP bestätigte.
Redigatur: Kimberly Nicolaus, Viktor Marinov
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Karte von Dam Removal Europe: Link (Englisch, archiviert)
- Karte zu Flussbarrieren des europäischen Projekts Amber, 29. Juni 2020: Link (Englisch, archiviert)
- Anzahl der abgerissenen Wehre nach hydrografischem Bezirk und pro Jahr, Ministerium für ökologischen Wandel und demografische Herausforderung: Link (archiviert)
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Author: Paulina Thom