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Sondierungsgespräche: Merz will “irreguläre” Migration fördern

CDU/CSU und SPD haben ihre Sondierungsgespräche abgeschlossen, mit diesem Sondierungspapier als Ergebnis. Während kein (!) einziges Wort über das größte Sicherheitsrisiko Rechtsextremismus verloren wird, soll eine “Rückführungsoffensive” Deutschland sicherer machen. Aber es kommt noch besser: Obwohl mehrmals davon gesprochen wird, die sogenannte “irreguläre Migration” begrenzen zu wollen, würden die Union und SPD diese mit den vorgestellten Maßnahmen sogar fördern. Denn: geht es nach den Ergebnissen der Sondierungsgespräche, gibt es ab sofort keine Möglichkeit mehr, legal nach Deutschland zu kommen. Spoiler: gab es davor auch nur sehr begrenzt. Union und SPD wollen alles nur noch schlimmer machen. Schauen wir auf die Details.

Angeblich “Illegale Migration” bekämpfen wollen, aber legale Wege (Familiennachzug, freiwillige Aufnahmeprogramme) beenden, damit jeder, der kommt, “illegal” ist. Genau mein Humor.

Der Volksverpetzer (@volksverpetzer.de) 2025-03-10T09:00:34.347Z

Der Mythos der “irregulären Migration”

Die Lüge steckt hier schon im Wort, denn es müsste eigentlich “irregularisierte Migration” heißen. Denn legale Zuwanderungswege für Schutzsuchende nach Deutschland gibt es nicht – bis auf wenige Ausnahmen, die jetzt abgeschafft werden sollen.

Fast kein Mensch aus einem Krisengebiet kann sich einfach in ein Flugzeug setzen und in Deutschland Schutz suchen. So funktioniert Flucht einfach nicht. Die meisten Flüchtlinge fliehen in ein weniger von einer Krise betroffenes Gebiet innerhalb des eigenen Landes. Oder in Nachbarländer, die oft überlastet sind. Von dort aus bietet das UN Resettlement Programm die Möglichkeit, Schutz in einem Drittland zu erhalten. Jedoch übersteigt der Bedarf deutlich die vorhandenen Plätze. “Insgesamt benötigten im Jahr 2021 rund 1,4 Millionen Flüchtlinge Resettlement; tatsächlich bekamen aber nur 57.500 Personen die Chance auf ein neues Leben in Sicherheit und Würde”, wie UNHCR schreibt. Deutschland stellt 2025 gerade mal 6.500 Plätze bereit.

Außerdem: herrscht irgendwo beispielsweise Krieg, werden dort die Botschaften geschlossen. Es ist dann einfach nicht möglich, ein Visum zu beantragen und “regulär” nach Deutschland zu kommen. Anders als bei uns haben viele Menschen in manchen anderen Ländern auch nicht einfach so einen Reisepass zu Hause herumliegen. Das liegt häufig an den damit verbundenen hohen Kosten und der schwierigen Antragstellung. 

Der Begriff „irreguläre Migration“ und wie er dich täuscht

Oft keine Wege für legale Migration

Für die, die sich entscheiden, in ein Drittland zu flüchten, bleibt dann nur noch die Option, über Schleuser den Land- und Meerweg zu nehmen. Das würde jede:r von uns auch so machen, wenn die Option, in der Heimat zu bleiben, schlichtweg keine ist.

Allein die Wortwahl “irreguläre Migration” täuscht also. Wenn Menschen aus einem Flucht- und/oder Verfolgungsgrund nach Deutschland kommen, stehen ihnen (fast) keine legalen Wege zur Verfügung. Und die verschwindend geringen Möglichkeiten wollen Union und SPD nun auch noch streichen. Steht das “S” in CSU etwa für Schleuser?

Wir schauen auf die neun kritischsten Punkte der Sondierungspläne zu Migration.

1. “Freiwillige Aufnahmeprogramme beenden” – irreguläre Migration erhöhen?!

Wie schon gesagt stehen 2025 nur 6.500 Plätze in Deutschland über das UN-Resettlement Programm zur Verfügung. Ein anderes Programm, über das Menschen bisher legal nach Deutschland kommen konnten, war das Afghanistan-Aufnahmeprogramm. Das wird sogar in dem Dokument zu den Sondierungsgesprächen erwähnt (Zeile 305).

Kurz zur Erinnerung: 2021 wurde nach dem abrupten Rückzug der US-Truppen Afghanistan wieder von den Taliban übernommen. Sie lösten laut Human Rights Watch die schwerste Frauenrechtskrise weltweit aus. Doch auch die humanitäre Krise ist besorgniserregend. Zudem warten viele Afghan:innen, die ins benachbarte Pakistan ausgereist sind, immer noch auf eine Umsiedlung in ein Aufnahmeland. Viele von ihnen sind Taliban-Kritiker, Journalisten, Oppositionsmitglieder, Anwälte, ehemalige Ortskräfte. Also Menschen, die auch den deutschen Truppen, während sie in Afghanistan stationiert waren, mit beispielsweise Übersetzungsdiensten geholfen haben.

Wir sind es ehemaligen deutschen Ortskräften schuldig, sie nach Deutschland zu holen. In Afghanistan unter den Taliban sind sie nicht sicher. Anfang März wurden 132 Menschen nach Deutschland ausgeflogen. Diese hatten bereits eine Aufnahmezusage. Zuvor gab es Medienberichte über Afghanen, die schon sehr, sehr lange in Pakistan ausharrten und von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben wurden. Obwohl sie schon eine deutsche Aufnahmezusage hatten.

Mittlerweile werden Afghan:innen keine Zusagen mehr über das Aufnahmeprogramm gemacht. 3.000 Menschen mit Aufnahmezusage befinden sich aktuell noch im Verfahren. Union und SPD würden also nur ein Programm auslaufen lassen, in welchem sowieso schon keine Zusagen mehr gemacht werden. Andere Aufnahmeprogramme möchten sie beenden, also damit jegliche Möglichkeit, legal nach Deutschland zu kommen. 

Wie genau soll das jetzt Deutschland “sicherer” machen?

2. “Familiennachzug aussetzen” – Integration erschweren

Auch der Plan, den Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige auszusetzen, ist ein komplett sinnloser. Denn auch hier wird eine Option, “regulär” nach Deutschland zu kommen, ausradiert. Subsidiärer Schutz ist ein niedrigerer Schutz als der Flüchtlings- oder Asylstatus. Bei subsidiär Schutzbedürftigen wurde der Asylantrag abgelehnt, aber Betroffene werden nicht in die Heimat zurückgeschickt, da ihnen dort ein ernsthafter Schaden droht. Das war in Syrien beispielsweise lange der Fall. 34 Prozent aller syrischen Schutzsuchenden haben subsidiären Schutz (Stand Ende 2024). Für diese und andere subsidiär Schutzbedürftige möchten Union und SPD nun den Familiennachzug aussetzen. 

Die Einigung von Union und SPD zum Stop des Familiennachzugs für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz entlastet keine Kommune und erhöht nicht die Sicherheit. Sie ist schlicht inhuman. Beschämend für die SPD. Ganz zu schweigen von angeblich christlichen Parteien, denen Familien angeblich wichtig sind.

Georg Restle (@georgrestle.bsky.social) 2025-03-09T19:13:38.386Z

Marginalisierung und Einsamkeit erhöhen das Risiko, kriminell zu werden. Abgesehen davon, dass die Aussetzung des Familiennachzugs schlicht inhuman ist, stelle ich die Frage erneut: Wie soll diese Maßnahme Deutschland sicherer machen? Indem potenziell traumatisierte Geflüchtete ohne Familie dastehen? Indem die Angehörigen nun auch einen irregularisierten Weg nach Deutschland suchen müssen? Indem es so mehr “irreguläre Migration” gäbe? 

Und überhaupt: Die Zahl derjenigen, die über Familiennachzug nach Deutschland kommen dürfen, ist schon auf 1.000 Plätze pro Monat beschränkt. Dieses Kontingent legte die damalige Bundesregierung 2018 unter Merkel-CDU vor allem subsidiär schutzberechtigten Syrer:innen auf. Noch mehr: Es kommen vor allem Kinder!! Für Union und SPD stellen Kinder eine Bedrohung für Deutschlands Sicherheit dar?!

SPD forderte noch 2023 Erleichterung der Familienzusammenführung

Auch das Argument, subsidiär Schutzberechtigte wären ja nur kurze Zeit in Deutschland, greift nicht. Am Beispiel Syrien haben wir gesehen, dass der Krieg 13 Jahre dauerte und die Lage nach wie vor unübersichtlich ist. Über die Hälfte der subsidiär Geschützten (187.194 Personen) leben aktuell bereits seit sechs Jahren oder länger in Deutschland.

Die deutsche Migrationspolitik verschärft nur Probleme, die medial und von rechts auch noch aufgebauscht werden, und führt zu kompletter Entmenschlichung von Schutzsuchenden.

Peinlich ist es vor allem für die SPD, diesem Plan zuzustimmen. Noch auf ihrem Parteitag im Dezember 2023 forderten die Sozialdemokraten eine Erleichterung der Familienzusammenführung. Aus gutem Grund, wie sie selbst sagen: „weil sie eine wichtige Voraussetzung für gelingende Integration in unsere Gesellschaft ist“. Ein gutes Jahr später beugen sie sich dem Rechtsruck und beschließen zusammen mit der Union das Gegenteil. Danke für Nichts?

3. “Zurückweisung an den Staatsgrenzen” – gegen das EU-Recht?

Und damit zum nächsten Plan von Union und SPD: der Möglichkeit, Asylbewerber:innen an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. Im Sondierungspapier steht: “in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn” (Zeile 293f.). Doch geht es nach Jens Spahn (CDU), kann Deutschland das notfalls auch im Alleingang machen. Kein Wunder, dass das bei unseren Nachbarländern nicht gerade auf Begeisterung stößt. 

Österreich kündigte bereits an, zurückgewiesene Menschen nicht wieder aufzunehmen.

Klingt das nach “Migration ordnen und steuern” (Zeile 287), so wie von Union und SPD angekündigt? Es droht ein Hin- und Herreichen von Menschen! Dass es sich bei Schutzsuchenden nicht um Ware handelt, scheint demokratischen Parteien wie Union und SPD nicht mehr bewusst zu sein. Es ist ein Armutszeugnis für alle beide.

Darüber hinaus blamieren sich Union und SPD mit der gleichzeitigen Ankündigung, das Gemeinsame Europäische Asylsystem in nationales Recht umsetzen zu wollen (Zeile 309f.). Doch Zurückweisungen von Asylgesuchen an den deutschen Grenzen sind europarechtswidrig (siehe Gutachten ProAsyl Seite 11 und Verfassungsblog).

In dem Sondierungspapier steht, dass man Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen will und dass man die GEAS-Reform noch in diesem Jahr umsetzen will. Dass sich beides gegenseitig ausschließt, scheint schwarz-rot nicht zu wissen oder nicht sagen zu wollen.

Erik Marquardt (@erik-marquardt.eu) 2025-03-08T15:02:09.614Z

Eine nachhaltige Lösung geht nur, wenn die europäischen Länder zusammenarbeiten – einseitige, willkürliche Zurückweisungen an EU-Binnengrenzen sind da eher schädlich. Dass bisher eine koordinierte Umverteilung von Geflüchteten innerhalb der EU nicht funktioniert, ist Fakt. Doch diese mit einseitigen Zurückweisungen zu erreichen, scheint illusorisch zu sein.

4. AfD-Sprech von „Rückführungsoffensive“ im Sondierungspapier

Auch die nächste Ankündigung ist ein Armutszeugnis für den deutschen Rechtsstaat. Bereits das Wording zeigt die Übernahme von AfD-Sprech. 

Schon jetzt werden rechtswidrige Abschiebungen durchgeführt, wie wir beispielsweise hier gezeigt haben:

8 Beispiele für den ausufernden Abschiebe-Wahn

Union und SPD wollen dieser Praxis jetzt noch eins draufsetzen und keinen Rechtsbeistand in Abschiebehaft mehr gewährleisten. Der verpflichtende Rechtsbeistand für Personen in Abschiebehaft ist Teil des “Rückführungsverbesserungsgesetzes” der Ampelregierung. Er sorgt dafür, in Abschiebehaft einen Anwalt zu haben, der die Rechte des Abzuschiebenden geltend macht. 

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert die geplante Abschaffung des Rechtsbeistands und spricht davon, dass rund 50% der untersuchten Haftbeschlüsse sich seit Jahren bei juristischen Überprüfungen als rechtswidrig erweisen. Aus gutem Grund haben Menschen in Abschiebehaft, was sowieso schon ein einschneidender Grundrechtseingriff ist, rechtliche Unterstützung. 

5. Migrationsabkommen sind Scheinmaßnahme

Ebenfalls in der “Rückführungsoffensive” angekündigt: weitere Migrationsabkommen mit Drittländern. Auch sie wären eine Scheinmaßnahme für ein “sichereres” Deutschland. Bereits die Ampelregierung verhandelte Migrationsabkommen mit mehreren Staaten. Das erste der Ampel-Abkommen hat Deutschland 2022 mit Indien abgeschlossen, im Dezember 2023 folgte Georgien, Anfang 2024 eine Vereinbarung mit Marokko. Im September 2024 wurden Abkommen mit Kenia und Usbekistan geschlossen.

Das propagierte Ziel: Es soll mehr Abschiebungen in die Länder geben, gleichzeitig sollen mehr Arbeits- und Fachkräfte kommen.

Doch mit den Ländern, aus denen die meisten Asylbewerber:innen nach Deutschland kommen, können keine Abkommen geschlossen werden. Bis Ende Februar 2025 stammten die meisten Asylanträge von Geflüchteten aus Syrien (Platz 1) und Afghanistan (Platz 2). Wie es in Syrien weitergeht und wie stabil und demokratisch die Regierung sein wird, ist weiterhin unklar. Und in Afghanistan herrschen bekanntlich die Taliban. 

Was Union und SPD mit dem Plan, Migrationsabkommen  zu schließen, “um legale Zuwanderung zu steuern und die Rücknahmebereitschaft sicherzustellen” (Zeile 322f.) verschweigen: in einer geopolitisch höchst schwierigen Lage und dem Zuwachs an Autokratien und totalitären Regimen auf der ganzen Welt ist es schlicht nicht möglich, seine Grenzen für Fluchtmigration zu schließen. Außer man arbeitet mit den Islamisten zusammen, was passieren wird und bereits passiert ist, wenn Abschiebungen nach Afghanistan durchgeführt werden.

Und genau das ist geplant:

6. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien trotz unsicherer Lage und Taliban

Nur drei Monate nach dem Sturz des Assad-Regimes haben islamistische Kämpfer an Zivilist:innen in Syrien ein Massaker verübt. Viele Opfer sind Anhänger:innen der Religionsgemeinschaft der Alawiten. Hunderte starben – der Übergangspräsident spricht lediglich von “individuellen Aktionen”. Beobachter sehen in dem Massaker einen Racheakt an den Alawiten – der Strömung des Islam, der auch der gestürzte Diktator Assad angehört. Doch bei weitem nicht alle Alawiten waren Assad-Anhänger und ein Massaker rechtfertigt natürlich sowieso nichts. Dieses Beispiel zeigt also, dass die neuen Machthaber in Syrien willkürliche Gewalt mindestens tolerieren.

Dementsprechend bleibt die Lage in Syrien nach wie vor unsicher und unübersichtlich. Diese Tatsachen ignorierend wollen Union und SPD Abschiebungen nach Syrien durchführen – und auch nach Afghanistan.

Dabei ist bekannt, dass die in Afghanistan herrschenden Islamisten “nach diplomatischer Anerkennung lechzen”, wie Afghanistan-Experten sagen. Es liegt auf der Hand: Das Taliban-Regime will als “normal” gelten, Union und SPD tun ihm gerade den Gefallen. Sie schlagen dabei jegliche Warnungen aus der Migrationsforschung in den Wind. „Wir machen uns letztlich erpressbar, wenn wir zu stark mit autoritären Regimen über Migrationspolitik verhandeln“, sagte zuletzt Migrationsforscher Schammann.

Auch die Amokfahrt in München missbrauchten die Taliban, um erneut zu versuchen, ihre internationale Legitimität zu erreichen. Sie boten eine Wiederaufnahme der konsularischen Tätigkeiten an. Indem Union und SPD Abschiebungen nach Afghanistan ankündigen, spielen sie das Spiel der Taliban mit oder verschweigen, dass ohne Taliban-Legitimierung keine Abschiebungen in das Land möglich sind. Beides wäre fatal. 

Die Taliban normalisieren? Klingt ganz nach erfolgreicher Terrorismusbekämpfung, oder? Auch hier die Frage: Wie in aller Welt soll das Deutschland “sicherer” machen?

7. Bezahlkarte: bringt nichts, soll trotzdem da bleiben

Kommen wir noch zu drei anderen Punkten, auf die sich Union und SPD einigten und die die Rechte von Schutzsuchenden massiv einschränken.

So beispielsweise die Bezahlkarte. Für eine deutschlandweite Umsetzung der Bezahlkarte für Geflüchtete sprachen sich Union und SPD aus. Doch gerade einige Städte und Kommunen in NRW und anderswo, die die Bezahlkarte nicht einführen werden, zeigten, wie umständlich und letztlich entmenschlichend die Maßnahme ist. Hier haben wir genauer analysiert:

Bezahlkarte: Köln deckt den Verwaltungsirrsinn auf!

8. Liste sicherer Herkunftsstaaten soll erweitert werden

Union und SPD möchten die Liste sicherer Herkunftsstaaten erweitern. Kommt ein Asylbewerber aus einem dieser Staaten, wird der Asylantrag meist abgelehnt. Derzeit stehen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien, Georgien und Moldau auf der Liste.

Doch beispielsweise in Georgien steht Queerfeindlichkeit hoch im Kurs. Dadurch, dass Georgien ein sicheres Herkunftsland ist, ist es nicht nur für queere Asylbewerber:innen schwieriger, in Deutschland Schutz zu finden. Auch staatlich verfolgte queere Menschen aus Georgien, die in Deutschland leben, können leichter abgeschoben werden.

Ähnliches droht bei weiteren Staaten, die nun auf die Liste “sicherer Herkunftsstaaten” gesetzt werden sollen und in denen Minderheiten Verfolgung und Gewalt ausgesetzt sind.

9. “Beibringungsgrundsatz” im Asylrecht – Angriff auf Asylrecht

Asylbewerber:innen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, droht mit den Sondierungsplänen von Union und SPD eine Art Beweislastumkehr. Sehr bürokratisch heißt es nämlich (Zeile 323f.): „Aus dem ‚Amtsermittlungsgrundsatz‘ muss im Asylrecht der ‚Beibringungsgrundsatz‘ werden.“ Der Flüchtlingsrat Niedersachsen sagt dazu: 

“Darunter verbirgt sich ein fundamentaler Angriff auf ein zentrales Element des Asylrechts: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll gar nicht mehr zuständig sein für die Klärung und Ermittlung der Verfolgungslagen und Rückkehrgefährdungen in Herkunfts- oder Drittstaaten. Die Betroffenen sollen ihre Verfolgung nicht mehr nur glaubhaft machen, sondern buchstäblich beweisen müssen.”

Ein weiterer Tritt in die Magengrube des sowieso schon gebeutelten Asylrechts. 

Fazit: Pläne zur Migration sind Rückschritt auf allen Ebenen

Union und SPD tun in ihrem Sondierungspapier so, als könnten sie Deutschland komplett abschotten für diejenigen, die zu uns fliehen, und gleichzeitig super attraktiv für Erwerbsmigration werden. Allein diese Dualität ist ein Trugschluss. Erstens ist das Recht auf Asyl ein Menschenrecht und muss in jedem Rechtsstaat gewährt werden. Zweitens funktioniert Arbeitsmarktintegration immer besser, je länger Schutzsuchende in Deutschland sind. Drittens wirkt ein fremdenfeindliches Klima in Deutschland auch abschreckend für Fachkräfte, die überlegen, nach Deutschland zu gehen. Und zuallerletzt ist diese Unterteilung in “sicherheitsgefährdender Asylbewerber” und “mit Handkuss empfangene Fachkraft” schlicht realitätsfern und menschenverachtend.

Die Koalitionspartner in spe geben sich dabei der Illusion hin, dass strengere Migrationspolitik zu weniger irregularisierter Migration führt. Dabei beschließen sie selbst genau das Gegenteil: die wenigen legalen Wege nach Deutschland sollen auch noch abgeschafft werden! Zurück bleibt kein “sichereres” Deutschland (was auch immer das heißen soll), sondern nur ein Überbietungswettbewerb der Unmenschlichkeit innerhalb Europas, mehr Sterben entlang der Fluchtrouten und eine schleichende Normalisierung der AfD-Forderungen, ohne dass diese überhaupt mitregieren muss. 

Dass es Union und SPD nicht um ein “sichereres” Deutschland geht, beweist das Sondierungspapier einmal mehr. Sonst hätten sie sich zumindest Mühe gegeben, sich beispielsweise zu klaren Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und zur Prävention von islamistischem Extremismus zu bekennen. Noch nicht einmal in der Regierung und schon werden AfD-Narrative übernommen. Das heißt nichts Gutes.

Artikelbild: Ryan Nash Photography, shutterstock.com

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