Köln | Heute trafen der Verkehrsausschuss und die Bezirksvertretung Innenstadt zu einer Sondersitzung zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt: „Politischer Variantenentscheid für die Kapazitätserweiterung auf der Ost-West-Achse, Bereich Innenstadt“. Es ging um die Ost-West-Achse. Der Verkehrsausschuss entschied unter anderem gegen die Stimmen der Grünen, der Linken und Volt, bei keiner Enthaltung für den Änderungsantrag der SPD, CDU und FDP.* Am Donnerstag, 12. Dezember 2024 wird der Kölner Rat entscheiden. Report-K berichtet über die Debatte und eine denkwürdige Sitzung.
Mobilitätsdezernent ordnete am Ende der Debatte ein
Der Sitzungsverlauf zu diesem für Köln wichtigen Thema lässt den Beobachter irritiert zurück und wirft die Frage nach der Sitzungsleitung auf. Nach zwei Rederunden sowohl der Vertreter:innen der BV Innenstadt, wie auch des Verkehrsausschusses ordnet Mobilitätsdezernent Ascan Egerer den Änderungsantrag und dessen Auswirkungen ein? Warum erst nach der Debatte und warum nicht zu Beginn. Dazu muss der zeitliche Verlauf verstanden werden. Als die Sitzung schon angesetzt war, brachten vor vier Tagen am Nikolaustag 2024 die Fraktionen SPD, CDU und FDP ihren sehr umfangreichen Änderungsantrag ein. Sie sind der Auffassung, dass es sich um eine Ergänzung der Planungsvarianten handele, die die Stadtverwaltung mit Verkehrsexperten, in Gremien, Gutachten über 6 Jahre erarbeitet hatte, nachdem das Kölner Kommunalparlament die Stadtverwaltung damit 2018 beauftragte. Aber ist es ein Änderungsantrag oder ein neuer Antrag? Diese Frage wurde auch in der Sitzung des Verkehrsausschusses aufgeworfen. Am Ende wurde über den Änderungsantrag abgestimmt.
Nach zwei Debattenrunden stellte Mobilitätsdezernent Egerer fest, dass es sich bei dem SPD, CDU und FDP-Antrag nicht um einen erweiterten Planungsbeschluss der Variante mit dem Tunnel handele, wie er er sich im Verwaltungsvorschlag wiederfindet. Der neue und vier Tage alte Antrag bedeute eine neue Planung und mache die bisherige Planung obsolet, denn die bisherige Planung beschäftige sich mit dem Gesamtprojekt der Strecke Weiden-West bis Bensberg. Darüber geht der Änderungsantrag von SPD, CDU und FDP weit hinaus. Egerer verdeutlichte, dass nach seiner Auffassung das Projekt damit wieder in der Leistungsphase Null beginne und so kein Förderantrag gestellt werden könne. Das liege daran, dass alle Förderanträge auf die Ursprungsplanung Strecke Weiden-West bis Bensberg bezögen.
Damit könne das ÖPNV Projekt Ost-West-Achse derzeit nicht weiter vorangetrieben werden. Das bedeute aber, dass damit alle Planungen betreffend des Radverkehrs oder des motorisierten Individualverkehrs nicht vorangetrieben werden dürften, da diese immer auch Einfluss auf den Kosten-Nutzen-Faktor habe, der für die Berechnung der Förderfähigkeit des Projektes so wichtig ist. Würden diese separat begonnen werden, sieht Egerer diese Förderfähigkeit gefährdet, da sie einen Einfluss auf die Berechnung des Kosten-Nutzen-Faktors haben. Dazu zählt auch die Nordumfahrung Neumarkt. Was Egerer damit sagt, ist folgendes: Aktuell gibt es eine förderfähige Fassung zum Ausbau des ÖPNV auf der Ost-West-Achse, egal ob ober- oder unterirdisch. Das liegt auch daran, wie die Situation der anderen Verkehrsteilnehmer aktuell organisiert ist, also Fahrrad oder Autoverkehr. Würde die aktuell gefundene Lösung für die KVB-Bahnen verändert, muss die Förderfähigkeit neu berechnet werden. Also muss erst die KVB neu geplant werden. Währenddessen darf aber an der Situation der Radinfrastruktur oder des motorisierten Individualverkehrs nichts verbessert werden, weil diese Verbesserungen sich auf die Berechnung der Förderfähigkeit auswirken kann. Mit anderen Worten: Die miese Situation auf der Ost-West-Achse darf nicht verbessert werden, da sonst Bund und Land keine Fördermittel geben und Köln müsste die Infrastrukturmaßnahme komplett aus dem eigenen Stadtsäckel bezahlen. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage in Köln aktuell undenkbar.
Egerers Ausführungen führten zu einer Unterbrechung der Sitzung, weil Vertreter aus der BV Innenstadt wissen wollten, ob vor diesem Hintergrund der Antrag von SPD, CDU und FDP als Änderungsantrag zu werten sei. Sitzungsleiter Hammer sah das so und führte das Votum durch und der Verkehrsausschuss stimmte dem SPD, CDU und FDP Änderungsantrag zu. Dennoch bleibt die Frage, warum Egerer nicht zu Beginn der Sitzung befragt wurde und diese Auswirkungen klarstellte?
Die Debatte
Zu den Vorlagen der Verwaltung gab es insgesamt 5 Änderungsanträge aus der Kommunalpolitik. Es war Thor Zimmermann der Bedenken anmeldete, ob der Änderungsantrag von SPD, CDU und FDP rechtlich zulässig ist. Das soll noch geprüft werden.
Die Debatte begann mit den Ausführungen der Bezirksvertretung Innenstadt.
Für die Grünen sprach Martin Herrndorf, der zunächst die Arbeit der Verwaltung lobte. Herrndorf machte deutlich, dass sich die Grünen in der Innenstadt für die oberirdische Variante aussprechen. Die unterirdische Variante werde abgelehnt. Der Änderungsantrag von SPD, CDU und FDP sei eine Missachtung der BV Innenstadt und all der anderen Bezirksvertretungen, da alle von den aufgeworfenen Themen im Antrag betroffen seien. Dagegen protestiere er, da er der Auffassung sei, dass diese eingebunden werden müssten. Zudem monierte Herrndorf die wenigen Tage, die der BV Innenstadt und dem Rat blieben um den Vorschlag von SPD, CDU und FDP zu verstehen, zu analysieren und zu bewerten. Herrndorf richtete an die Verwaltung die Frage, welche Auswirkungen der Antrag und seine Inhalte auf die Entscheidungen zur Ost-West-Achse haben könnte.
Tim Cremer, SPD-Fraktionsvorsitzender BV Innenstadt, machte klar, dass die SPD in der BV den eigenen Antrag unterstütze, weil er wegweisend sei. Das Thema müsse im Rat diskutiert werden. Die CDU in der BV Innenstadt stellte dar, dass sie für die Tunnellösung sei und sich dem Votum der Ratsfraktion anschließe. Christian Nüsser, FDP, erklärte dass die Innenstadt besonders von der Verkehrsplanung betroffen sei. Er nannte den Änderungsantrag der SPD, CDU und FDP einen großen Wurf.
Die erste Runde der Verkehrsausschuss-Debatte
Lars Wahlen, Grüne, gab den Ratsfraktionen von SPD, CDU und FDP den Titel „Betonfraktionen“. Es gebe zwei Verwaltungsvarianten an denen sechs Jahre geplant worden sei. Jetzt brächten die Fraktionen SPD, CDU und FDP vier weitere Varianten ein, die Wahlen als nicht förderfähig einschätzt. Zudem stellte Wahlen in Frage, ob für eine der von der Verwaltung geplanten Varianten ein Förderbescheid vor dem Hintergrund einer Entscheidung zu Gunsten des Antrages von SPD, CDU und FDP möglich sei. Für die Grünen stellte Wahlen deutlich heraus: Die Ost-West-Achse brauche einen zügigen Ausbau mit einer breiten Mehrheit.
Teresa de Bellis-Ohlinger, CDU spricht von einer nachhaltigen Mobilität, die durch den Änderungsantrag erreicht werde und dieser sei der Schlüssel für ein modernes Köln. Sie lobte die Ideen, die im Antrag von SPD, CDU und FDP zu finden seien. Vor allem die neue Untergliederung in Metrolinien, der Stadtbahn- und Straßenbahnlinien sei gefällig. Zudem zeichnete de Bellis-Ohlinger das Bild einer tollen und lebendigen Stadt auf den neugestalteten Straßen und Plätzen entlang der Ost-West-Achse, weil die Oberflächen neu geordnet werden könnten. Der Vorschlag von SPD, CDU und FDP werde die Lebensqualität der Kölner:innen verbessern. Ihren Antrag lobte sie als Projekt mit Mut und Weitblick. Die CDU-Ratsfrau outete ihren Bündnispartner die Grünen als sie sagte, dass der Antrag nicht überraschend gekommen sei, wie jetzt behauptet. Die Grünen seien vor zwei Wochen aus der gemeinsamen Antragsarbeit mit SPD, CDU und FDP ausgestiegen, ärgerte sich de Bellis-Ohlinger.
Lukas Lorenz, SPD, machte deutlich, dass für seine Fraktion die aktuellen Vorschläge der Stadtverwaltung nicht zustimmungsfähig seien. Lorenz betonte die Störanfälligkeit der aktuellen Ost-West-Achse und forderte eine zweite Ost-West-Achse, ob ober- oder unterirdisch. Ausführlich erklärte Lorenz die Details des SPD-Antrages gemeinsam mit CDU und FDP. Die neue Planung sei ein Bekenntnis zu Kölns Zukunft und Mobilität, so der SPD Verkehrskommunalpolitiker.
Angela Bankert, Die Linke, kritisierte das Verfahren und warf SPD, CDU und FDO vor nicht in der Öffentlichkeit, sondern in Hinterzimmern zu debattieren. Das was dort ausgeheckt worden sei, stehe nun innerhalb weniger Tage zu Debatte vor der finalen Abstimmung im Rat. Inhaltlich warf Bankert der SPD, CDU und FDP vor Ressourcen innerhalb der Stadtverwaltung auf Jahre zu blockieren und damit den gesamtheitlichen Ausbau des ÖPNV in Köln zu verhindern. Bankert warf SPD, CDU und FDP vor mit ihrem Antrag nur den langen Tunnel durchsetzen zu wollen.
Ralph Sterck, FDP, erklärte das Prinzip der „Unterpflasterbahnen“ und kritisierte das Köln kein Metronetz habe. Er erklärte die Neuordnung des ÖPNV, die der Antrages von SPD, CDU und FDP zum Ziel habe. Es gebe zu den von der Verwaltung vorgeschlagenen zwei Varianten Optimierungsbedarf und den decke der Antrag der drei Fraktionen. Er kritisierte die aktuelle Planung der letzten sechs Jahre und zählte die Kritikpunkte an den beiden Varianten der Stadtverwaltung auf. Die bestehenden Kritikpunkte würden gerade durch den Änderungsantrag geheilt. Es gehe weiter um den zügigen Ausbau der Dreifachtraktion kündigte Sterck an, der durch den Änderungsantrag nicht behindert werde. Der Änderungsantrag sei ein großer Wurf für die Zukunft und er sei froh, dass es dafür eine Mehrheit gebe und er hoffe, dass auch am Donnerstag im Rat eine Mehrheit erreicht werde.
Max Pargmann, für Volt, sieht keinen Bedarf für eine Planung einer Metro und warf ein, es gebe eine Planung für die Ost-West-Achse. Jetzt werde über eine völlige Neuplanung beraten, gab er zu bedenken. Pargmann kritisierte, dass der Klimaschutz nicht ausreichend thematisiert werde.
Matthias Büschges, AfD, stellte dar, dass für seine Partei alle Anträge Potenzial hätten. Er forderte die anderen Parteien auf sich am Mittwoch mit der AfD ins Benehmen zu setzen und darüber zu beraten. Er garantierte den Parteien Vertraulichkeit.
Frank Caris-Taube, Klima Freunde und Gut, lobte die SPD, CDU und FDP für den Antrag, weil dieser zeige, dass sie verstanden hätten, dass der ÖPNV ausgebaut werden müsse. Allerdings hätten er und seine Mitstreiter:innen starke Bauchschmerzen durch den defizitären Haushalt. Die beiden Varianten seien fertig geplant und könnten umgesetzt werden. Caris-Taube machte deutlich, dass seine Gruppe gegen den Tunnel ist und für die oberirdische Variante votiert.
Bernd Fahlenbock, Arbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik, kritisierte, dass im Antrag von SPD, CDU und FDP das Wort Barrierefreiheit nicht vorkomme. Der Tunnel sei für Menschen mit Behinderung ein „No Go“. Zudem machte er deutlich, dass auch die Tunnelbaustelle für Menschen mit Behinderung eine gigantische Herausforderung bedeute. Er erinnerte daran, dass die Aufzüge am Neumarkt für 1,5 Jahre schon einmal außer Betrieb gewesen seien.
Nach der ersten Runde sprach auch Egerer bereits einmal und antwortete noch sehr diplomatisch. Er fragte, warum die Kölner Kommunalpolitik nicht schon im politischen Begleitgremium weitergehende Wünsche eingebracht habe? Zudem verwies er darauf, dass die sich jetzt im SPD, CDU und FDP wiederfindende Liniennetzentwicklung bereits Bestandteil der Agenda ÖPNV Netzentwicklung sei. Die Metrolinien hätten nicht 1:1 etwas mit der Ost-West-Achse zu tun. Es brauche für den Änderungsantrag von SPD, CDU und FDP mehrere Prüfstränge und dies werde einen erheblichen Einfluss auf das Projekt haben und umfangreiche Prüfungen nach sich ziehen.
Stefanie Haacks, Vorstandsvorsitzende der KVB, machte deutlich, dass aus ihrer Sicht ein Tunnel Präferenz besitze, da die Bahnen dann störungsfrei fahren könnten.
In der zweiten Debattenrunde verfestigten sich die Positionen. So sprach Dr. Martin Herrndorf, Grüne von einer Ursünde bei Großprojekten, wenn diese mitten im Prozess auf eine komplette Neuplanung zurückgeworfen würden, im Fall der Ost-West-Achse auf das Jahr 2018. Der SPD-Fraktionsvorsitzende der SPD Tim Cremer konnte Herrndorfs Kritik nicht folgen und warf ein, dass es sich nicht um ein privatwirtschaftliches Projekt handele. Köln müsse größer und mutig denken und unter dem Trend der wachsenden Stadt sich weiterentwickeln.
Lars Wahlen, Grüne, nannte den Antrag von SPD, CDU und FDP inhaltlichen Quatsch und fürchtet durch die Priorisierung auf die Innenstadt werden die Außenbezirke benachteiligt. Teresa De Bellis-Ohlinger, CDU, sagte es werde keinen Projektstopp bei der Ost-West-Achse geben und der Antrag stünde für die Tunnellösung, die nur ausgeweitet werde. Die Idee eines dreigliedrigen Systems sei richtig und die Baugruben würden nicht so lange wie befürchtet offen daliegen.
Lukas Lorenz, SPD, machte noch einmal deutlich, dass die 90 Meter Bahnen schnell kommen sollen. Der Antrag sei ein erweiterter Planungsbeschluss. Für die Anbindung der Außenäste und Viertel im Außenbereich bräuchte es eine Ertüchtigung des ÖPNV in der Innenstadt. Lorenz zählte eine ganze Reihe von europäischen Städten auf, die gerade U-Bahnen bauten.
Ralph Sterck, FDP, ordnete historisch ein, dass der Beschluss aus dem Jahr 2018 nicht mit den Stimmen der FDP gefasst worden und ein Formelkompromiss gewesen sei. Optimierungen werden jetzt vorgenommen. Der Antrag löse Planungsaufwand aus und die Planung müsse sitzen, forderte Sterck. Albert Meinhardt, Die Linke, beantragt die Verschiebung der Debatte in die BV Lindenthal und die Einbindung des Stadtentwicklungsausschusses. Meinhardt hatte mehrere Seiten an Fragen dabei, die er in die Luft hielt und forderte Aufklärung, damit auch die Bevölkerung das verstehe, was SPD, CDU und FDP planten.
Max Pargmann, Volt, mahnte eindringlich:würde der SPD, CDU und FDP-Antrag mit den Stimmen der AfD beschlossen werden, wäre das eine Katastrophe für Köln.
Karina Syndicus, Klima Freunde und Gut, wirft SPD, CDU und FDP vor, den Kölner:innen weiß machen zu wollen, dass es bald eine U-Bahn gebe. Aber Köln bekomme keine U-Bahn. Sie mahnte die Barrierefreiheit an. Syndicus ist der Auffassung, dass es sich bei dem Antrag von SPD, CDU und FDP nicht um einen Änderungsantrag handele, sondern um einen neuen Antrag. Sie fragte nach dem Deckungsvorschlag, also den finanziellen Mitteln, mit denen die Visionen von SPD, CDU und FDP umgesetzt werden sollen.
Anschließend entbrannte eine Debatte um das Rederecht der Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert aus Köln-Nippes. Die sprach von einem absurden Änderungsantrag und stellte mehrere inhaltliche Fragen unter anderem zu den Konsequenzen eines Tunnels zwischen Deutz und Heumarkt, die aber unbeantwortet blieben.
Nach einer Sitzungsunterbrechung stimmte der Verkehrsausschuss für den Antrag von SPD, CDU und FDP. Anträge wie der Verweis des Antrages ohne Votum in den Rat wurden abgelehnt. Auch die Verweisung in die Bezirksvertretung Lindenthal wurde abgelehnt.
Am Donnerstag wird der Kölner Rat abstimmen.