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Russische Propaganda erfindet wilde Ukraine-Hamas-Verbindung

In einer Zeit, in welcher der Westen aus verständlichen Gründen Solidarität mit der israelischen Bevölkerung zeigt, die unter dem Terrorismus der Hamas leidet, versucht die pro-russische Propaganda, diese Solidarität gegen die Unterstützung der Ukraine auszuspielen – und das mithilfe eines manipulierten Videos. Logischerweise hat die Ukraine nichts mit der Hamas zu tun, die russische Propaganda log sich dennoch eine Ukraine-Hamas-Verbindung her. Schnell dementieren BBC und Bellingcat, die als Quelle genannt werden, jemals darüber berichtet zu haben. Außerdem hat die Ukraine auch keinen Grund, sich ausgerechnet auf Seiten der Hamas in den Konflikt einzumischen. Wir schauen auf die Fakten.

Russische Propaganda log schon oft über Waffenlieferungen

Ein Ziel der russischen Propaganda Angriffskrieg gegen die Ukraine ist es, das Vertrauen der europäischen Staaten und der USA in die Ukraine zu zerstören. Russlands „72-Stunden-Militäroperation“ zieht sich seit über 600 Tagen hin. Das ist dem Durchhaltevermögen der ukrainischen Armee und Zivilbevölkerung zu verdanken. Aber eben auch westlichen Waffenlieferungen, mit denen sich das Land verteidigen kann. Darum sind eben diese Waffenlieferungen schon öfter Ziel russischer Desinformationskampagnen gewesen.

Obwohl die Waffen offensichtlich in der Ukraine eingesetzt werden und die russische Armee effektiv aufhalten, behaupten Kreml-Propagandist:innen immer wieder, dass dieselben Waffen, die gerade den Angriff abwehren, irgendwohin geschmuggelt würden. Sie streuten erlogene Berichte über Waffen in Mexiko, Finnland oder gar Bremen, die alle leicht zu widerlegen waren. Doch russische Propaganda lebt eben davon, möglichst viele Behauptungen in die Welt zu setzen – und zu hoffen, dass einige hängen bleiben. Und so ist es auch wenig überraschend, dass sie sich jetzt eine Ukraine-Hamas-Verbindung zurechtlügen.

Perfide Manipulation: Wie die Kreml-Propaganda Solidarität spaltet

Die Erzählung über den angeblichen Waffenschmuggel von der Ukraine zur Hamas stützt sich auf ein gefälschtes BBC-Video. Dieses behauptet fälschlicherweise, der britische Nachrichtensender BBC habe in einem Bericht des Enthüllungsmediums Bellingcat Beweise für Waffenlieferungen nach Gaza aufgedeckt. Die Behauptung besagt, dass die Ukraine NATO-Waffen an die Hamas geliefert habe. Doch sowohl Vertreter der BBC als auch Bellingcat bezeichnen das Video als Fälschung. Weder auf der Website der BBC noch bei Bellingcat findet sich ein solcher Bericht. Ein aktueller Faktencheck von Correctiv hat ebenfalls klargestellt, dass es keinerlei Verbindung zwischen dem Konflikt zwischen Israel und der Hamas und der Ukraine gibt.

Weitere Desinformation – Ein Blick auf die Details

In dem besagten Video werden Waffen, Kampfszenen und ein Interviewausschnitt gezeigt. Die Ausschnitte sind mit den Logos von BBC und dem seriösen Recherchekollektiv Bellingcat ausgestattet. Ein eingeblendeter Text behauptet, dass die „Analyse geheimer Daten“ der Beweis dafür sei, dass Korruption im Verteidigungsministerium der Ukraine zur Lieferung von zahlreichen NATO-Waffen an die Hamas geführt habe.

Neben der irreführenden Behauptung über die Ukraine und die Hamas enthält das manipulierte Video noch weitere falsche Informationen. Zum Beispiel wird der ehemalige ukrainische Verteidigungsminister als „Defence Prime Minister“, also „Verteidigungs-Premierminister“ bezeichnet. Doch eine solche Position existiert gar nicht – die korrekte Bezeichnung lautet „Minister of Defence“ („Verteidigungsminister“). Die BBC hat in der Vergangenheit niemals eine derartige fehlerhafte Bezeichnung verwendet. Es ist demnach äußerst unwahrscheinlich, dass dem Sender dieses Detail entgangen ist.

Ein bedeutender Teil des Videos, beginnend ab der 35. Sekunde, zeigt eine Aufnahme, die zuvor separat verbreitet wurde. Er zeigt angeblich ein Hamas-Mitglied, das sich für Waffenlieferungen aus der Ukraine bedankt. Die Echtheit dieses Videos ist jedoch unwahrscheinlich, wie von dem Nachrichtensender France 24 betont wurde. Auch kurios: Viele der gezeigten Waffen gehören nicht einmal zur Standardbewaffnung der Hamas.

Weitere Details widersprechen Ukraine-Hamas-Verbindung

Einige Szenen im gefälschten Video haben aktuellen Bezug und wurden auch von der BBC verwendet, jedoch nicht im Zusammenhang mit Waffenschmuggel. Andere Szenen zeigen alte Aufnahmen von Hamas-Mitgliedern oder stammen gar nicht von der BBC.

Absurd: Am Ende des gefälschten BBC-Videos wird Nassim Taleb gezeigt, der scheinbar über einen NATO-Austritt der USA spricht. Diese Darstellung ist jedoch völlig haltlos. In Reaktion auf das Video bestritt der Autor, jemals über einen Austritt der USA aus der NATO gesprochen zu haben. Wie eine Recherche von Correctiv ergab, stammt der Video-Ausschnitt mit Talebs Aussage nicht von der BBC, sondern wurde aus einem Podcast über Börsenhandel entnommen. In diesem Podcast wurde weder die NATO noch ein möglicher Austritt der USA daraus thematisiert.

Hamas über ihre Unterstützung: Keine Verbindung zur Ukraine

In einem Interview mit dem arabischen Ableger von Russia Today äußerte sich Ali Baraka von der Hamas zur den Waffenlieferungen. Baraka erklärte, dass die Hamas hauptsächlich von ihren offiziellen Verbündeten, insbesondere dem Iran und der Hisbollah, Unterstützung erhält. In diesem Zusammenhang wird die Ukraine nicht als Verbündete der Hamas oder als Lieferant von Waffen genannt. Natürlich muss man Hamas-Quellen grundsätzlich kritisch sehen, doch es ist ein weiteres Indiz gegen die pro-russischen Behauptungen einer Ukraine-Hamas-Verbindung.

Klare Distanzierung von BBC und Bellingcat

Das gefälschte Video und die unwahren Behauptungen wurden vielfach auf verschiedenen Social-Media-Plattformen, darunter Telegram, TikTok und X, verbreitet. Hauptsächlich übrigens von pro-russischen Profilen. Die genaue Herkunft des Videos bleibt unklar.

Der Gründer von Bellingcat, Eliot Higgins, bezeichnete die Inhalte am 10. Oktober als Fälschung und aus der Feder von russlandfreundlichen Nutzenden. Am selben Tag veröffentlichte der Bellingcat-Account auf X folgende Erklärung auf Englisch:

„Uns ist bekannt, dass in den sozialen Medien ein gefälschtes BBC-Video verbreitet wird, in dem fälschlicherweise behauptet wird, Bellingcat habe ukrainische Waffenverkäufe an die Hamas bestätigt. Wir sind zu keinen derartigen Schlussfolgerungen gekommen und haben auch keine derartigen Behauptungen aufgestellt. Wir möchten betonen, dass dies eine Fälschung ist und entsprechend behandelt werden sollte.“ Auch Shayan Sardarizadeh vom BBC-Verify Team erklärte auf X: „Das Video ist zu 100 Prozent eine Fälschung. Weder BBC News noch Bellingcat haben das berichtet.“

Das ukrainische Verteidigungsministerium hat das Video ebenfalls als Fälschung bezeichnet.

Generell stellt sich die Frage: Warum sollte die Ukraine ein Motiv dafür haben, Waffen an die Hamas zu liefern? Michael O’Hanlon, Direktor für außenpolitische Forschung bei der US-Denkfabrik Brookings Institution, merkte dazu an: „Angefangen bei der Tatsache, dass Kiew damit beschäftigt ist, Waffen zu beschaffen und nicht, sie wegzugeben.“ Mehrere ukrainische Beamte wiesen das Gerücht ebenfalls zurück. Gleichzeitig wurde ein Schreiben des ukrainischen Geheimdiensts publik, in dem Moskau beschuldigt wurde, hinter den Falschmeldungen zu stecken. Außerdem spricht gegen die erfundene Ukraine-Hamas-Verbindung, dass sich der ukrainische Präsident Selenskyj, selbst Jude, klar mit Israel solidarisiert hat und sogar einen Solidaritätsbesuch in Israel plant.

Kritische Medienkompetenz: starkes Werkzeug gegen Desinformation

Wir sehen also: Die gesamte angebliche Ukraine-Hamas-Geschichte ist von der Kreml-Propaganda frei erfunden worden. BBC und Bellingcat haben die Geschichte dementiert. Und selbst der Terrororganisation Hamas ist dieses Märchen zu absurd. Die Ukraine hat auch aktuell nun wirklich kein Motiv, die dringend gebrauchten Waffen abzugeben.

Es ist wichtig, auf solche Fakes nicht hereinzufallen und sich auf verlässliche Informationen zu stützen. Angesichts der weitverbreiteten Desinformation und Propaganda ist kritische Wachsamkeit unerlässlich. Wie wir gesehen haben, muss selbst die Verwendung der Logos von seriösen Seiten nicht immer bedeuten, dass man es auch mit einem seriösen Bericht zu tun hat. Im Zweifel sollte man die Behauptungen immer bei den angeblichen Quellen wie Bellingcat oder BBC selbst nachprüfen. Und wenn man sich nicht sicher ist, es am Besten komplett ignorieren und nicht noch weiter verbreiten.

Denn jeder dieser Fakes, so klein sie auch sein mögen, hilft der Propaganda autoritärer Regime. Besonders perfide ist das natürlich, wenn die emotionale Situation in zwei brutalen Konflikten gegeneinander ausgespielt wird. Doch wir sollten dieser Bedrohung selbstbewusst entgegentreten. Wir können unsere Solidarität sowohl mit Israel als auch der Ukraine ausdrücken, ohne uns in eine künstliche Konfrontation hineinziehen zu lassen.

 

Artikelbild: Screenshot twitter.com; canva.com

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