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Post aus Russland: Desinfo-Kampagne nimmt CORRECTIV und andere Faktencheck-Redaktionen ins Visier

Dieser Artikel stammt von CORRECTIV.Faktencheck / Zur Quelle wechseln


Hintergrund

Post aus Russland: Desinfo-Kampagne nimmt CORRECTIV und andere Faktencheck-Redaktionen ins Visier

„Könnt ihr das überprüfen?“ Mit dieser Bitte weisen uns seit Monaten anonyme Accounts auf X und via E-Mail auf pro-russische Fakes hin. Doch die Absender sind selbst Teil einer russischen Operation. Das Ziel: Westliche Medien sollen über russische Propaganda berichten. Eine neue Analyse zeigt, was hinter der Taktik steckt.

Faktencheck-Redaktionen weltweit werden in eine pro-russische Desinformationskampagne hineingezogen. Sie werden mit Hinweisen auf Fakes per E-Mail überhäuft, damit sie darüber berichten und sie in der Öffentlichkeit sichtbarer machen (Symbolbild: Picture Alliance / Sergey Nivens / Shotshop)

Eine Desinformationskampagne nimmt seit Monaten gezielt Medien, Faktencheck-Organisationen und Forschende ins Visier: Sie werden geflutet mit Hinweisen auf pro-russische Propaganda und Falschnachrichten, um deren Ressourcen zu erschöpfen und über glaubwürdige Plattformen die politische Agenda des Kremls zu streuen. Das geht hervor aus einem neuen Bericht der finnischen Software-Firma Check First und von Reset.Tech, einer gemeinnützigen Organisation, die sich gegen digitale Bedrohungen der Demokratie einsetzt.

Die Kampagne, von den Autoren des Berichts „Operation Overload“ genannt, flutet Medienorganisationen mit anonymen E-Mails, die Links zu gefälschten Inhalten und Darstellungen, die gegen die Ukraine hetzen, enthalten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Frankreich und Deutschland. CORRECTIV.Faktencheck erhielt seit September 2023 Dutzende dieser E-Mails, hat jedoch in vielen Fällen keine Faktenchecks dazu veröffentlicht, da die Inhalte keine große Reichweite aufwiesen.

Die Hinweise beziehen sich stets auf pro-russische Desinformation, die durch die Kampagne selbst in Umlauf gebracht wurde, durch orchestrierte Netzwerke auf Telegram, X und Propaganda-Webseiten.

Mit dutzenden E-Mails versuchte die Kampagne CORRECTIV.Faktencheck dazu zu bringen, über ihre gefälschten Inhalte zu berichten (Quelle und Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Propaganda soll Menschen in Russland und im Ausland beeinflussen

Auch auf der Plattform X weisen Fake-Profile seit Monaten Faktencheck-Redaktionen wie CORRECTIV auf die Falschinformationen hin. Über diese Taktik hatte erstmals die französische Nachrichtenagentur AFP Ende Januar 2024 berichtet, in Zusammenarbeit mit Antibot4Navalny, einer anonymen Freiwilligengruppe, die pro-russische Desinformation auf X verfolgt. Sie gaben den Aktivitäten auf X zunächst den Namen „Operation Matroschka“.

Die Recherchen von Check First und Reset.Tech zeigen, dass dieses Vorgehen nur ein Teil einer größeren Kampagne war. Laut dem neuen Bericht wurden auf diese Weise mehr als 800 Organisationen auf X kontaktiert. In Zusammenarbeit mit mehr als 20 Medienorganisationen weltweit, darunter CORRECTIV.Faktencheck, sammelten und analysierten sie für den Bericht über 200 E-Mails und enthüllten so neue Details über die ausgeklügelte Desinformationskampagne, die immer noch andauert.

„Indem sie Faktencheckerinnen und Faktenchecker und Nachrichtenredaktionen mit gefälschten Inhalten angreifen, wollen sie deren Zeit und Ressourcen verschwenden“, erklärte Guillaume Kuster, Mitgründer von Check First. Nach dem Motto „All publicity is good publicity“ wollten die Akteure dadurch außerdem erreichen, dass ihre zweifelhaften Botschaften noch mehr Menschen erreichen – selbst wenn das in Form eines Faktenchecks geschieht.

Es gehe aber nicht nur um Einfluss im Ausland, so die Analyse weiter – die Falschnachrichten hätten ihren Ursprung auf russischen Plattformen und seien tatsächlich primär Teil der russischen Propaganda an die eigene Bevölkerung.

Desinformation über die Ukraine, die Olympischen Spiele und die Europameisterschaft

Der Großteil der analysierten Inhalte konzentrierte sich auf die Ukraine. Darunter 92 Videos, in denen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verunglimpft oder verspottet wurde, oder ukrainische Geflüchtete für angebliche Verbrechen verantwortlich gemacht wurden. Darüber hinaus beschäftigten  sich mehrere Videos mit der westlichen Militärhilfe für die Ukraine. Stilmittel der Kampagne sind zum Beispiel gefälschte Bilder von Anti-Selenskyj-Graffitis in europäischen Städten, manipulierte Videos mit den Logos bekannter Medien oder manipulierte Screenshots von Medienberichten.

Die Kampagne nahm zudem schwerpunktmäßig große Events ins Visier, verbreitete Desinformation zu den Olympischen Spielen in Paris und der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, und fokussierte sich darüber hinaus auf Beiträge zur „wirtschaftlichen Krise“ in Europa.

Die auf X verbreiteten Fakes stammen laut dem Bericht aus einer kleinen Gruppe von koordinierten russischsprachigen Telegram-Kanälen und werden strategisch über andere russische Social-Media-Plattformen wie VKontakte und Odnoklassniki, sowie Kreml-nahe Websites und Staatsmedien verbreitet. Auch das vor kurzem aufgedeckte Netzwerk gefälschter Nachrichtenseiten namens „Pravda“ spiele dabei eine Rolle. In einigen Details weise die aktuelle Kampagne außerdem Ähnlichkeiten zu dem Desinformations-Netzwerk „Doppelgänger“ auf, über das CORRECTIV bereits berichtete.

Die Analyse von „Operation Overload“ zeigt einmal mehr: Für russische Propaganda existiert so etwas wie schlechte Presse nicht.

Den vollständigen Bericht von Check First und Reset.Tech finden Sie hier.

Mehr dazu, wie CORRECTIV Themen für Faktenchecks auswählt, hier.

Text: Max Bernhard, Alice Echtermann

Redigatur: Sophie Timmermann

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Author: Max Bernhard

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