Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Zum wiederholten Mal ist Spionagesoftware auf Geräten im Europaparlament gefunden worden. Europäische Digitalorganisationen schlagen Alarm. Sie fordern, dass die EU diese Art von Software endlich verbietet.
Bei Mitgliedern und Mitarbeiter:innen des EU-Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung wurde auf zwei Smartphones Überwachungssoftware gefunden. Das Europäische Parlament habe deswegen am Mittwoch die Mitglieder des Ausschusses aufgefordert, ihre Telefone auf Spionageprogramme überprüfen zu lassen, berichtet Politico mit Hinweis auf eine interne Mail des Ausschusses. Den Abgeordneten sei geraten worden, ihre Telefone dem IT-Dienst des Parlaments für Untersuchungen zu übergeben. Betroffen war laut der dpa auch ein Smartphone, das ein Abgeordneter beruflich nutzte.
Laut Politico ging der Aufforderung an die Abgeordneten eine Routineuntersuchung voraus. Ein Mitglied des Ausschusses hatte seine Geräte am Dienstag einer Kontrolle unterzogen. Dabei seien auf einem Telefon Spuren einer ungenannten Spionagesoftware entdeckt worden.
Konsequenzen gefordert
Der Dachverband der europäischen Bürgerrechtsorganisationen EDRi fordert als Konsequenz, dass die Europäische Union Spionageprogramme in Europa verbietet: „Eingriffe dieser Art stellen eine Bedrohung für die Demokratie dar, da sie sich in Wahl- und Entscheidungsprozesse einmischen und die Integrität der öffentlichen Debatte untergraben“, so die Organisation in einer Pressemitteilung. Journalist:innen, Menschenrechtsverteidiger:innen und Aktivist:innen sind seit Jahren im Visier von Staaten mit Überwachungs-Malware wie Pegasus, schreibt EDRi.
„Wir erleben nicht nur Unsicherheit und Angst, sondern auch eine allmähliche Aushöhlung der zivilen Räume um uns herum. Der jüngste Skandal unterstreicht die dringende Notwendigkeit eines umfassenden EU-weiten Verbots von Spähsoftware, um die Privatsphäre des Einzelnen und die bürgerlichen Freiheiten zu schützen“, sagt Itxaso Dominguez de Olazabal von EDRi.
Nicht einmal Abgeordnete seien vor solchen Angriffen geschützt. EDRi verweist zudem auf aktuelle Fälle des Pegasus-Trojaners in Ungarn. Obwohl die Enthüllungen für Aufsehen gesorgt hatten, zögern die EU-Regierungen, den Handel mit Überwachungstechnologie zu verbieten, der bis heute weitgehend unreguliert sei, so EDRi weiter.
Es ist nicht das erste Mal, dass Mitglieder des Europäischen Parlaments mit Trojanern attackiert werden. In der Vergangenheit soll der griechische EU-Parlamentarier und Oppositionsführer Nikos Androulakis mit der Spionagesoftware Predator überwacht worden sein. Auch katalanische EU-Parlamentsmitglieder waren Ziel von Angriffen mit der Spyware Candiru und Pegasus.
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Author: Markus Reuter