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Nach Habeck-Pseudo-Skandal: Cicero geht gegen Volksverpetzer vor!

Das rechte Magazin Cicero bastelte durch heraus geklagte Dokumente aus Ministerien einen vermeintlichen Skandal um Robert Habeck – auf den viele aus ideologischen Gründen bereitwillig aufsprangen. Als Volksverpetzer sich die entsprechenden Dokumente ansah, konnten wir es zunächst nicht glauben: Steckt hinter dem ganzen Pseudo-Skandal wirklich einfach ein peinliches Missverständnis von Cicero?

Habeck hat nichts falsch gemacht: der rechte Pseudo-Skandal „AKW-Files“

Der zentrale Knackpunkt hinter der Skandal-Inszenierung

In unserem Artikel erklärten wir es schon genauer (gerne noch mal hier nachlesen), aber im Grunde genommen basierte die ganze Aufregung auf der Behauptung, dass angeblich das Habeck-Ministerium eine Feststellung aus dem Dokument einer Arbeitsgruppe an dem Ministerium inhaltlich verfälscht haben soll. Sie sprechen von „manipuliert“. Angeblich sollte nämlich in diesem Dokument gestanden haben, dass „eine echte Laufzeitverlängerung mit neuen Brennstäben für mehrere Jahre sicherheitstechnisch möglich wäre“. Sprich: Dass man die AKW noch viele Jahre sicher hätte weiterbetreiben können.

Angeblich sollte ein Mitarbeiter von Habeck das aber abgeändert haben und ins Gegenteil verkehrt haben, wie dieses Dokument zeigen soll. Cicero hat beide Dokumente auch ohne Abo einsehbar gemacht (im Gegensatz zum Artikel). Wir haben uns die Dokumente also einfach selbst angesehen. Und festgestellt, dass in beiden Dokumenten die gleiche Darstellung zu finden ist. Das hier:

Du siehst selbst das Fazit: Die Frage, ob die Verlängerung über Jahre erfolgen kann, ist „nicht zu beantworten“. Weil zu viele Fragen offen sein, insbesondere u.a. die „Klärung unter Beteiligung der Betreiber“. Die im übrigen damals, wie 2023 und wie heute und auch in einem ebenfalls heraus geklagten Schreiben von RWE sich relativ deutlich gegen den Weiterbetrieb geäußert haben. Das war ja alles kein Geheimnis.

Cicero hat was dagegen, wenn man sich selbst ein Urteil bildet?

Wir dachten uns: Irgendetwas müssen wir übersehen haben. Also stellten wir Cicero per Mail eine Anfrage: Können sie uns vielleicht einfach selbst beantworten, wie sie darauf kommen, dass irgendwo eine Aussage über eine sicherheitstechnisch mögliche „echte Laufzeitverlängerung“ stünde. Wir hatten sie nicht gefunden. Wir bekamen auch zügig eine Antwort. Aber ohne Antwort:

„Wir haben beide Versionen des Artikels veröffentlicht, damit sich jeder Leser selbst ein Urteil bilden und seinen eigenen Faktencheck machen kann.“

Das war’s. Das fanden wir schon etwas merkwürdig. Insbesondere für das Medium, das in Aufmachung und Framing keinen Zweifel lassen wollte, wie das Urteil ausfallen sollte: „Wie die Grünen beim Atomausstieg getäuscht haben“, eine Entscheidung wurde „manipuliert“, und in Folgeartikeln mit Titeln wie „Enthüllungen sind ein Skandal und Rücktrittsgrund“. Ein gewünschtes Urteil stand wohl durchaus schon fest. Aber schön, dass uns Cicero erklärte, auch wir dürften uns selbst ein Urteil machen! Taten wir dann auch. Wir schrieben in unserem Artikel:

„Die von „Cicero“ behaupteten Änderungen gab es dort nicht. „Cicero“ behauptet, es „fehlte die Aussage, dass eine echte Laufzeitverlängerung mit neuen Brennstäben für mehrere Jahre sicherheitstechnisch möglich wäre“. Erstens: Dass eine mehrere Jahre dauernde Laufzeitverlängerung sicherheitstechnisch möglich wäre, steht nirgends. In keinem der beiden Versionen. Das ist falsch. Zweitens, die Absätze zum langzeitigen Weiterbetrieb sind in beiden Dokumenten weiterhin drin.“

Nur wenige Stunden später Post vom Anwalt

Dieses eigene Urteil gefiel Cicero jedoch offenbar doch nicht. Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung unseres Faktenchecks erhielten wir Post vom Cicero-Anwalt, der offenbar alles stehen und liegen ließ, um uns schnellstmöglich eine Abmahnung dazu zu schicken. Und der Anwalt erklärte uns dann endlich, wie die Cicero-Schreiber auf ihre Interpretation kamen. Warum man uns das nicht gleich auf unsere Anfrage hätte beantworten können, wissen wir bei Volksverpetzer nicht.

Aber es ist wohl der Fall, was wir befürchtet hatten. Cicero ist offenbar der Ansicht, diese Feststellung ergebe sich aus der ersten Version. Dort heißt es nämlich im ersten Absatz auf der ersten Seite:

„Nachfolgend werden hinsichtlich des Betriebs von Kernkraftwerken in Deutschland, über das Jahresende 2022 hinaus, aus technischer Sicht drei Szenarien diskutiert, die mit der Aufrechterhaltung der nuklearen Sicherheit vereinbar wären.“

Man muss auch das ganze Dokument lesen

Wenn man an der Stelle aufhört zu lesen, könnte man tatsächlich der Meinung sein, mit diesem Satz sei die Feststellung verbunden, dass die Laufzeitverlängerung sicherheitstechnisch möglich sei. Wir haben den Vermerk allerdings zu Ende gelesen und dort gesehen, dass diese Feststellung gerade nicht getroffen wird. Es finden sich schließlich im Weiteren gesamten Dokument zahlreiche Einschränkungen und die wiederkehrende Klarstellung, dass eine Laufzeitverlängerung nur nach entsprechenden Sicherheitsprüfungen und Sicherheitsvorkehrungen mit ungewissem Ausgang und ungewisser Beschaffbarkeit möglich wäre.

So heißt unter anderem beim hier relevanten „Szenario C“ (Verlängerung über Jahre):

„Ob längerfristig ein unterbrechungsfreier Betrieb erfolgen kann, ist ohne Klärung unter Beteiligung der Betreiber, Hersteller und Landesaufsichtsbehörden sowie deren Gutachtern nicht zu beantworten.“

„Die Kerne würden von den betriebsbewahrten Kernen der letzten Jahre abweichen und waren daher aus sicherheitstechnischer Sicht intensiv aufsichtlich zu begleiten.“

„Bei einem Weiterbetrieb wäre also die letzte Sicherheitsüberprüfung entgegen den gesetzlichen und internationalen Anforderungen dreizehn Jahre veraltet.“

„Diese Entscheidungen und deren Auswirkungen müssten bei einem geplanten Weiterbetrieb erneut sicherheitstechnisch bewertet werden.“

„Bei der Planung von wiederkehrenden Prüfungen wie z.B. der Schweißnähte an Rohrleitungen wurde die Abschaltung der Kernkraftwerke eingeplant; es wäre zu klären, inwieweit darüber hinaus Prüfpersonal und Prüftechnik durch externe Dienstleister beschafft werden kann.“

„Der betriebliche Teil der Kernkraftwerke wurde in den letzten Jahren mit Blick auf einen festen Endzeitpunkt betrieben. Für einen Weiterbetrieb waren hier ggf. Ertüchtigungen erforderlich.“

„Inwieweit ausreichend Ersatzteile für das Sicherheitssystem als auch für betriebliche Systeme vorhanden sind wäre zu klären.“

„Die Ausbildung ist zudem in Teilen auf das jeweilige Kernkraftwerk bezogen. Die Betreiber haben ihre Personalplanung auf das Abschaltdatum und die anschließende Stilllegung ausgerichtet. Mittelfristig wäre zu klären, inwieweit das ausscheidende Personal weiterbeschäftigt werden oder Ersatzpersonal qualifiziert werden kann.“

Es gab eben keine Bewertung, lieber Cicero

Wie man deutlich sieht, wird im ganzen Dokument eben nicht erklärt, dass es möglich wäre. Es wird dezidiert kein Urteil gefällt, nur das Szenario ausgemalt, was alles zu beachten sei, wo die Hürden liegen und was alles noch zu klären sei, um diese Sicherheit festzustellen. Cicero hat die Einleitung dieses Dokuments als Wertung gelesen – und nicht als Aspekt, unter welchem die Szenarien diskutiert werden.

Und tatsächlich war’s das. Das ist der entscheidende Punkt, auf dem das ganze wackelige Gerüst der „AKW-Files“ beruht. Klar hat der Habeck-Mitarbeiter einige unwichtige Stellen gekürzt und sein eigenes Fazit ergänzt, damit sein Minister nicht alles lesen muss und nur das wichtigste. Völlig normales und alltägliches Verhalten in den Ministerien. Und klar – wie wir auch immer und immer wieder erklärt haben – ist es auch völlig legitim, für eine Verlängerung der AKW gewesen zu sein. Umgekehrt ist es kein „Rücktrittsgrund“ oder Skandal, dagegen gewesen zu sein.

Erschreckendes Demokratieverständnis

Selbst wenn eine derartige Einschätzung vorgelegen hätte: Wenn Habeck als verantwortlicher, gewählter Minister nicht eine Entscheidung treffen dürfte, auch wenn diese der Einschätzung einiger Mitarbeiter in einem Ministerium widersprochen hätte, ist das sein gutes Recht. Im Gegenteil: Es wäre zutiefst undemokratisch wenn der Wählerwille nicht geäußert werden dürfte, nur weil ein Technokrat das irgendwo anders sähe!

Wir halten es für ein zutiefst demokratieverachtendes Verständnis von Bürokratie und Politik, wenn gewählten Ministern abgesprochen wird, frei Entscheidungen zu treffen. Man darf ja gerne die Entscheidung für falsch halten. Und das auch gerne laut kritisieren. Aber jetzt soll es ein Rücktrittsgrund sein, wenn ein Minister nicht so entscheidet, wie man es haben will? Oder wie es angeblich irgendwelche Bürokraten in Ämtern für möglich halten? Klar kann man Habeck dafür kritisieren, dass die Unterlagen überhaupt erst erklagt werden mussten. Aber das ist wohl kaum ein Rücktrittsgrund.

Darum ist diese ganze, emotional aufgeladene Inszenierung von Cicero so gefährlich: Es skandalisiert einfach andere Meinungen, speziell „grüne“ Meinungen. Es soll ein Skandal sein, nur weil es ein Grüner gemacht hat. BILD versuchte zum Beispiel, einen Skandal daraus zu machen, dass sich die Außenministerin mit dem NATO-Chef trifft. Was ihr Job ist?! Was ist hier inzwischen los?

Wehe, jemand hat eine andere Meinung?

Wehe, der Minister der Partei, deren Opposition zur Atomkraft historisch das Kernthema war, entscheidet sich gegen eine Aufhebung des von den Merkel-Regierungen beschlossenen Atomausstiegs? Ein Skandal, dass ein Grüner grüne Entscheidungen trifft? Und nicht nur das: Wehe, ein unabhängiger Faktencheck-Blog macht sich – wie angeblich gewünscht – selbst ein Bild von der Lage und kommt zu einem anderen Schluss?

Ich finde, hier sieht man ein Muster. Jeder soll sich „selbst ein Urteil bilden“ dürfen, aber nicht Habeck und auch nicht Volksverpetzer? Cicero verlangt von uns, dass wir unseren Artikel ändern – sowie Geld für den Anwalt. Und droht uns damit, vor Gericht zu ziehen, um uns unsere Einschätzung zu untersagen. Wir halten das für einen transparenten Einschüchterungsversuch. Man will uns wohl verunsichern, uns Geld kosten. Damit wir es uns zweimal überlegen, ob wir wieder der nächsten rechten Schmutzkampagne widersprechen?

Cicero gehört zum Teil einem CDU-Mitglied, das schon im Landesvorstand der CDU Baden-Württemberg Mitglied war. Volksverpetzer ist völlig unabhängig und wird zu 100% durch Crowdfunding unterstützt. Dass wir uns diese vielen Rechtsstreit leisten können, ist nur dank des tollen Supports durch Spenden unserer Community zu verdanken. Wenn wir ein nur kleiner Blog ohne so tolle Community gewesen wären, hätten wir vor Cicero einknicken müssen. Wenn du auch unsere Arbeit möglich machen willst, dass wir für die Meinungsfreiheit und die Fakten einstehen, freuen wir uns über deine Unterstützung.

Natürlich lassen wir uns nicht einschüchtern und werden unermüdlich weiter Fakten checken und Desinformation und Kampagnen als solche benennen.

Artikelbild: penofoto

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