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Missbrauch von Marktmacht: US-Gericht verurteilt Google

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Missbrauch von MarktmachtUS-Gericht verurteilt Google

Nicht nur sei Google ein Monopolist, sondern habe seine Marktmacht auch missbraucht. Das hat ein US-Gericht in einem wegweisenden Verfahren entschieden. Zunehmend verkleinert sich der Handlungsspielraum großer Tech-Konzerne.


Tomas Rudl – in Nutzerrechte4 Ergänzungen
Google-Chef Sundar Pichai hat derzeit wenig zu lachen: Sein Unternehmen hat massiv das US-Kartellrecht verletzt, urteilte ein US-Bundesgericht. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / NurPhoto

In einem wegweisenden Urteil hat ein US-Bundesgericht den Suchmaschinen- und Werbeanbieter Google zu einem Monopolisten erklärt. Zudem habe das Unternehmen seine Marktmacht missbraucht, um die Monopolstellung illegal abzusichern, so der Richter in einem knapp 300 Seiten starken Urteil (PDF).

Der kartellrechtliche Fall ist der erste große der jüngeren Internet-Ära und gilt als ein großer Erfolg für die Administration von US-Präsident Joe Biden. Gemeinsam mit mehreren Bundesstaaten hatte das US-Justizministerium dem zu Alphabet gehörenden Unternehmen das vorgeworfen, was der Richter nun bestätigt hat: „Google ist ein Monopolist und hat wie ein solcher gehandelt, um sein Monopol aufrechtzuerhalten. Es hat den Abschnitt 2 des Sherman Act verletzt“, heißt es in dem Urteil.

Missbrauch der Monopolstellung

Demnach gibt es Produktmärkte für allgemeine Online-Suche sowie für allgemeine Text-Werbung neben Suchergebnissen. In beiden Bereichen habe Google ein Monopol erlangt. Dies hatte der Marktführer stets abgestritten: Schließlich könnten Nutzer:innen einfach zu einer anderen Suchmaschine wechseln, der hohe Marktanteil von rund 90 Prozent sei schlicht auf die Beliebtheit des Dienstes zurückzuführen.

Dies allein ist noch nicht illegal, sehr wohl allerdings die Praktiken, mit denen Google diese Stellung erlangt und zementiert habe, wie aus dem Urteil hervorgeht. So hat Google milliardenschwere Verträge mit Browser-Herstellern wie Apple und Mozilla, Smartphone-Herstellern wie Samsung und Motorola und großen US-Netzbetreibern abgeschlossen, um sich dort zur Standard-Suchmaschine zu machen.

Im Jahr 2021 habe Google über 26 Milliarden US-Dollar an diese Partner ausgezahlt. Mit dieser Voreinstellung, an der nur wenige Nutzer:innen rütteln, kann Google seine Partner nur umso enger an sich binden: Bei Mozilla, Hersteller des quelloffenen Firefox-Browsers, macht der Betrag etwa 80 Prozent des jährlichen Budgets aus. Wiederholt habe Mozilla deutlich gemacht, heißt es in dem Urteil, dass es ohne diese Zahlungen nicht in der Lage wäre, so zu funktionieren wie heute.

Noch nicht festgelegt sind die rechtlichen Konsequenzen des Urteils, darüber entscheidet der Richter später. Sie könnten eine milliardenschwere Geldstrafe, Abspaltungen von Geschäftsbereichen oder Auswahlbildschirme umfassen, mit denen sich Nutzer:innen selbst aktiv für eine Suchmaschine entscheiden. Google hat bereits angekündigt, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

Unangefochtene Stellung macht bequem

Zu den für alle Beteiligten lukrativen Abhängigkeiten kommt die Datenmacht hinzu, mit der Google seine Konkurrenz immer weiter hinter sich lassen kann. Das führte schon die aus dem Jahr 2020 stammende Anklageschrift aus. Angebote wie Websuche und Werbung brauchen „komplexe Algorithmen, die ständig lernen, welche organischen Suchergebnisse und Anzeigen am besten zu den Suchanfragen passen“. Je mehr Daten Google von seinen Nutzer:innen sammeln kann, desto besser können die Suchergebnisse ausfallen.

Doch genau diese Qualität scheint in den vergangenen Jahren abgenommen zu haben. Diesen Eindruck hat nicht zuletzt eine Studie von Forscher:innen der Universität Leipzig und der Bauhaus-Universität Weimar bestätigt. Aufgrund seiner überragenden Marktposition könne Google sich dies leisten, unkte etwa Eva Galperin von der Digital-NGO Electronic Frontier Foundation (EFF): Während das Unternehmen jedes Jahr Milliarden an US-Dollar dafür ausgebe, sich zur voreingestellten Suchmaschine zu machen, seien die Suchergebnisse „zunehmend verfälscht, unsinnig und nutzlos“.

Das Urteil dürfte viele andere Kartellverfahren gegen Tech-Unternehmen beeinflussen, die derzeit in den USA anhängig sind. So hatte das US-Justizministerium etwa Apple verklagt, weil es seine Nutzer:innen mit unlauteren Methoden an seine Produkte binde. Die Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) wiederum zerrte Meta und Amazon vor Gericht. Beide sollen ihre Marktmacht missbraucht haben, um den Wettbewerb einzuschränken.

Spielraum wird auch in der EU enger

Auch in Europa reagieren Politik und Aufsichtsbehörden zunehmend auf die Probleme in digitalen Märkten. Seit im März das Digitale-Märkte-Gesetz (DMA) in der EU in Kraft getreten ist, hat die EU-Kommission bereits eine Reihe an Verfahren gegen übermächtige IT-Konzerne eingeleitet, darunter auch gegen Google. Auch das deutsche Bundeskartellamt nutzt seine relativ neuen Befugnisse, um schrittweise potenzielle Probleme zu untersuchen oder gleich abzustellen.

Davon bleibt auch Google nicht verschont: „Das Unternehmen ist auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette der nicht suchgebundenen Onlinewerbung vertreten und verfügt bei praktisch allen relevanten Dienstleistungen über eine außerordentlich starke Marktposition“, heißt es im aktuellen Jahresbericht der Marktwächter.

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Author: Tomas Rudl

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