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Internet-Provider sollen Deutschlands meistbesuchte Pornoseite Pornhub sperren. So will es die Medienaufsicht. Die Behörde hat entsprechende Verfahren bei Telekom, 1&1, Vodafone und Telefónica eingeleitet. Die Netzsperren sollen Jugendliche schützen.
Pornhub ist eine der meistbesuchten Websites der Welt. – Screenshot: pornhub.com; Zaun: Pixabay/Pexels; Schild: Pixabay/hpgruesen; Montage: netzpolitik.orgDie Website pornhub.com soll künftig nicht mehr frei aus Deutschland abrufbar sein, zumindest wenn es nach der zuständigen Medienaufsicht geht. Betroffen sind auch Youporn und MyDirtyHobby, sie gehören zum selben Mutterkonzern. Weil die Angebote das Alter ihrer Nutzer*innen nicht genau genug überprüfen, sollen Internet-Provider den Zugang sperren. Um das durchzusetzen, hat die Medienaufsicht jüngst Anhörungsverfahren gestartet. Das bestätigen Telekom, Vodafone, Telefónica und 1&1 gegenüber netzpolitik.org.
Die Anhörungsverfahren sind die neuste Eskalation im Ringen zwischen der Medienaufsicht und Pornoseiten. Die Behörde setzt damit die deutschen Gesetze zum Jugendschutz durch. Sie verlangen, dass Pornoseiten das Alter ihrer Nutzer*innen rigoros überprüfen. Website-Besucher*innen sollen etwa ihren Ausweis vorlegen oder ihr Gesicht biometrisch scannen lassen, bevor sie einen Porno sehen dürfen.
Große Pornoseiten wie Pornhub weigern sich, ihre Nutzer*innen solch invasiven Kontrollen zu unterwerfen. Nach jahrelangen Gerichtsprozessen gegen Pornhub nähert sich die Medienaufsicht nun dem schärfsten Mittel, das ihr zur Verfügung steht: die Anordnung einer Netzsperre.
Vodafone verweist auf Netzneutralität
Bereits im Vorjahr hat die Medienaufsicht eine Netzsperre für xHamster angeordnet. xHamster war zu diesem Zeitpunkt die meistbesuchte Pornoseite Deutschlands. Inzwischen wurde sie von Pornhub überholt. Die Netzsperre für xHamster hat allerdings nicht lange gehalten. Die Betreiber*innen haben einfach die Domain geändert, so war xHamster noch am selben Tag wieder frei verfügbar. Etwas Ähnliches könnte auch bei einer kommenden Netzsperre für Pornhub passieren. Die Plattform ist derzeit zum Beispiel auch unter alternativen Domains wie pornhub.net oder pornhub.org erreichbar.
In den anstehenden Anhörungsverfahren können die Internet-Provider zu den geplanten Sperrungen Stellung beziehen. Erst in einem nächsten Schritt kommt es zur Sperrverfügung. Das bedeutet: Erst dann fordert die Medienaufsicht die Provider auf, die Websites zu sperren.
Dagegen dürfen sich Provider juristisch wehren. Als im Frühjahr 2022 Netzsperren für xHamster angeordnet wurden, zeigten sich zumindest manche Provider auf Anfrage von netzpolitik.org bereit, Rechtsmittel einzulegen. Auch im aktuellen Fall ist Gegenwind zu erwarten. Ein Vodafone-Sprecher schreibt, schon die Sperre gegen xHamster lasse das Unternehmen beim Verwaltungsgericht Düsseldorf prüfen. Mit Blick auf den aktuellen Fall schreibt der Sprecher: Bei einer Netzsperre seien nicht nur Belange des Jugendschutzes zu berücksichtigen, sondern auch Vorgaben zur Netzneutralität. Netzneutralität heißt, dass Daten diskriminierungsfrei übermittelt werden. Dieses Prinzip soll das offene und freie Internet schützen.
Strenge Gesetze verhindern sanftere Mittel
Wir haben die zuständige Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen unter anderem gefragt, welche Internet-Provider insgesamt von den geplanten Sperren betroffen sind. Außerdem wollten wir wissen, welchen Stand die Verfahren der Behörde gegen andere große Pornoseiten haben, etwa xHamster, XNXX und XVideos. Ein Sprecher teilte uns mit, man werde unsere Fragen nicht beantworten, „weil wir uns in einem laufenden Verfahren befinden“. Aylo (früher: Mindgeek), der Mutterkonzern von Pornhub, Youporn und MyDirtyHobby, hat unsere Anfrage nicht beantwortet.
Ob Netzsperren Jugendliche wirksam vor möglichen, negativen Erfahrungen durch Pornografie schützen können, ist zweifelhaft. Denn sie können Inhalte nicht aus dem Internet entfernen; sie machen sie bloß etwas schwerer zugänglich. Wer eine gesperrte Website in die Browserzeile tippt, kann sie in der Regel nicht direkt abrufen. Doch mit einfachen, kostenlosen Mitteln wie etwa VPN-Diensten oder dem Tor-Browser klappt das weiterhin. Dennoch gelten Netzsperren unter Fachleuten nicht als Lachnummer. Sie werden nämlich auch in autoritären Regimen eingesetzt, um Grundrechte wie Meinungsfreiheit einzuschränken.
Um Jugendliche zu schützen, gibt es auch andere Mittel, etwa Filter-Software. Solche Software arbeitet mit Blocklisten aus nicht jugendfreien Angeboten. Erwachsene können sie lokal auf den Geräten ihrer Schützlinge installieren. Wenn der Filter aktiv ist, können Kinder und Jugendliche die blockierten Angebote nicht mehr abrufen. Dafür braucht es keine Netzsperren auf Provider-Ebene – und auch keine Ausweiskontrollen für Abermillionen erwachsene Nutzer*innen, wie sie die Medienaufsicht durchsetzen will. Solche Lösungen sind aber nach deutschem Recht nicht streng genug. Ohne eine Reform des Jugendschutzes kann das Ringen zwischen Medienaufsicht und Pornoseiten also weiter eskalieren.
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Author: Sebastian Meineck