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MDR als Sprachrohr von „Querdenken“ – Die ganze Geschichte

Gastbeitrag Gunnar Hamann

Der MDR lässt sich mit einem Beitrag in der Sendung „Umschau“ zum Sprachrohr von „Querdenken“ machen. In seiner Aufmachung ist dieser wie ein Krimi aufgebaut. Dabei ist der eigentliche „Krimi“ die Recherchen dazu: Von einfachen Widersprüchen und Fragen zu und bei den Beteiligten angefangen, bis hin zur Löschung des Beitrags am vergangenen Sonntag. Wir steigen ab in einen „Kaninchenbau“ der anderen Art.

MDR Umschau: Der Krimi zur Impfung

Am 9. Dezember verlautbart Markus Krall auf seinem Account auf Twitter: „Soeben erfahre ich von Prof. Dr. Sucharit Bhakdi: Am 12. Dezember um 20.15 wird auf MDR der ganze Skandal der Covid-Impfung enthüllt. Wir dürfen gespannt sein.“ Sowohl zu Krall als auch Bhakdi berichteten wir in der Vergangenheit. Bhakdi und der MDR haben ebenfalls bereits eine Vorgeschichte. Zur Frage, ob die Coronalage neue Einschränkungen rechtfertige, interviewte MDR Aktuell diesen im Oktober 2020 unkritisch. Später depublizierte der Sender den Beitrag und veröffentlichte dazu im MDR Ratgeber einen Faktencheck, der mittlerweile auch depubliziert ist. Kurze Zeit nach der Veröffentlichung des Gesprächs depublizierte der MDR auch das kritisierte Gespräch mit Bhakdi.

Am 12. Dezember fand nun die Ausstrahlung des aus Kreisen von „Querdenken“ zuvor angekündigten Beitrags in der MDR Umschau statt. Darin kommt die Leiterin eines Magdeburger Privatlabors, Brigitte König, zu Wort. König will bei fünf Chargen von BioNTech Pfizer herausgefunden haben, dass diese mit Fremd-DNA in Konzentrationen über dem zulässigen Grenzwert verunreinigt seien.

Auftraggeber der Untersuchung war der Biologe und mRNA-Impfgegner Jürgen Kirchner. Sowohl Kirchner als auch König sind im Umfeld von „Querdenken“ aktiv. Im Beitrag wird dieser Umstand bezüglich Kirchner auch eingeordnet, nicht jedoch bei König. Brigitte König hat sogar eine eigene Seite beim Portal Psiram, ein Wiki speziell unter anderem zu den Themen Pseudowissenschaft, esoterische Glaubenssysteme und Verschwörungserzählungen. Weiteres dazu hat der Journalist Tobias Prüwer in der Onlineausgabe des kreuzer Leipzig geschrieben.

Seit dem 17. Dezember ist das Video mittlerweile weder auf der Seite der MDR Umschau noch in der entsprechenden Mediathek verfügbar, obwohl der Sender laut Hinnerk Feldwisch-Drentrup in der FAZ diesen zunächst noch verteidigte.

Viele offene Fragen, wenig Kritisches, mangelhafte Recherchen

Als einzige kritische Stimme blendet der Beitrag in der MDR Umschau ein Zitat des Molekularbiologen Emanuel Wyler ein. Er sieht in der Untersuchung einen Versuch „Impfungen (…) grundsätzlich in Zweifel zu ziehen, oder Stimmung zu machen mit dem Thema Corona.“ Für den Beitrag wurde versucht eine Reihe von Einrichtungen anzuschreiben, um die Ergebnisse zu überprüfen. Diese antworteten entweder nicht oder sagten ab.

Für den Wissenschaftskommunikator und Arzt Dr. Janos Hegedüs ist das – so dieser in einem von ihm zum Thema auf seinem YouTube-Kanal publizierten Video – auch keine Überraschung. „Außerdem ist es eine seltsame Logik zu sagen, dass jeder herzlich eingeladen ist, sie zu besuchen. Frau König, Sie haben eine Behauptung aufgestellt und tragen daher die Beweislast. Sie hätten Ihre Messungen klar und transparent dokumentieren und der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Diskussion stellen müssen. Es wäre angebracht die Zeit Ihrer Kollegen zu schätzen und nicht zu erwarten, dass diese ohne triftigen Grund Zeit für Diskussionen opfern.

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Kritik entzündet sich im Beitrag an dem geänderten Herstellungsverfahren der Firma Biontech. So werde mittlerweile statt „Prozess 1“ der „Prozess 2“ eingesetzt. Zur Kritik am veränderten Herstellungsprozess nimmt man Bezug auf ein Dokument mit einer Beurteilung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), in der zwischen den beiden Prozessen „Bedenken hinsichtlich Vergleichbarkeit, Charakterisierung und klinischer Eignung […) erhoben“ werden.

„BioNTech-Impfstoff“ ist „sicher und wirksam“

Aus dem im Beitrag gezeigten Antwortschreiben von Biontech geht jedoch nicht hervor, ob die inhaltlich verantwortlichen Journalist:innen – mehr dazu am Ende des Artikels – die Firma überhaupt bezüglich der damals bekundeten Bedenken angefragt hat. Auch bleibt unklar, ob man der EMA Fragen zukommen ließ.

Pablo Rougerie schreibt dazu für Health Feedback:

„Nach einer weiteren Analyserunde stellte die EMA fest, dass beide Prozesse zur Herstellung vergleichbarer Impfstoffe geeignet sind.“ Und: „Schließlich verfügen wir jetzt über eine große Menge realweltlicher Daten, nachdem wir die allgemeine Bevölkerung zwei Jahre lang mit Pfizer-BioNTech-COVID-19-Impfstoffen geimpft haben, die nach Verfahren 2 hergestellt wurden. Diese Daten zeigen, dass der Pfizer-BioNTech-Impfstoff sicher und wirksam ist.“

Warum die unterschiedlichen Herstellungsprozesse überhaupt mit einer bisher nicht wissenschaftlich überprüfbaren Behauptung zum Vorhandensein von Fremd-DNA in Verbindung gebracht werden, wird angezweifelt. Etwa in einem Faktencheck der Pharmazeutischen Zeitung von Theo Dingermann. Sein Fazit: „Somit besteht bei beiden Prozessen zumindest ein theoretisches Restrisiko für eine prozessbedingte Verunreinigung des Endprodukts mit DNA.

Ein Pressesprecher der EMA antwortete auf Anfrage dahingehend unmissverständlich: „Ja, die bei der Erstbeurteilung vorgebrachten Fragen und wesentlichen Einwände wurden zufriedenstellend beantwortet und gelten als gelöst.

Auch gibt es Fragen dazu, ob die verantwortlichen Journalist:innen die im Beitrag dargestellte mutmaßliche Problematik mit dem Eindringen von Fremd-DNA in den Zellkern anhand von eigenen Recherchen, sowie Nachfragen bei Expert:innen, ausreichend kritisch hat überprüfen lassen. Der von einer mitverantwortlichen Journalistin angefragte Emanuel Wyler gibt dazu im Gespräch mit dem Schweizer Medium 20 Minuten eine wissenschaftliche Einschätzung ab, die auch dahingehend weitere Fragen aufwirft.

Noch mehr ungeklärte Fragen: Methodik und Daten der Untersuchung

Nachdem ich Jürgen Kirchner zur Methodik der Arbeit eine schriftliche Anfrage sendete, lege ich dessen Antworten Janos Hegedüs vor. Dieser antwortete: „Alles gut und schön, aber ohne Angabe der Messprotokolle sind diese Angaben nichts wert.“ Jürgen Kirchner bleibt bei seinem von Hegedüs kritisierten Standpunkt: „Wer nachkontrollieren will, kann zum Labor gehen.

Gegenüber Janos Hegedüs gab Brigitte König an: „… wir haben die Daten noch nicht publiziert. Ich gehe aber davon aus, dass diese Daten sich nicht für eine Publikation eignen – sie zeigen keine neue [sic!] Techniken oder Daten.“ In seinem Video zieht Hegedüs diese Aussage in Zweifel. „Solche Ergebnisse wären normalerweise eine Publikation wert.“ Laut Jürgen Kirchner strebe Frau König derzeit dennoch eine wissenschaftliche Publikation zur Thematik an. Ob sie sich dabei jedoch auf die Daten der Untersuchung stützt, beantwortete mir Brigitte König auf Anfrage bislang nicht.

In einem Rapporteur-Bericht der EMA vom November 2020 für die Comirnaty-Chargen der Firma Biontech ist das Vorgehen zur Bestimmung des Anteils von DNA im Verhältnis zur RNA auf über 200 Seiten umfangreich dokumentiert, inklusive einzelner Messwerte und explizit auch für den „Prozess 2“.

mehrere Einschränkungen

In einem telefonischen Gespräch teilte mir Brigitte König mit, dass ihr Vorgehen bei der Untersuchung der Chargen grundlegend auf der Arbeit einer Gruppe um Kevin McKernan beruht. Im Oktober sagte König bei Cicero:

„Ja, ich habe mir diese Arbeit natürlich genau angeschaut. An der Herangehensweise von McKernan gibt es aus fachlicher Sicht nichts auszusetzen. (…) Er hat uns nicht nur sein Kontroll-Plasmid geschickt, sondern alle Reagenzien (Primer, Puffer, Taq-Polymerase usw.), die er für die Analysen verwendet hat.“

Dabei wären zur Arbeit von McKernan et al. eigentlich mehrere Einschränkungen anzumerken. Die entsprechende Veröffentlichung findet sich bislang nur auf einem Preprint-Server. Es gibt bisher kein Peer-Review und auch keine Veröffentlichung des Preprints in einer anerkannten Fachzeitschrift.

Der amerikanische Wissenschafts-YouTuber und Molekularbiologe Dan Wilson hat die massiven Probleme mit dem Preprint bereits vor Monaten thematisiert.

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Auf seinem Blog schrieb der Journalist David Gorski vom Online-Medium „Science Based Medicine“ bereits im Juni dieses Jahres folgendes Fazit zur Arbeit:

„Was er [McKernan, anm. der Red.] behauptet, ist zwar nicht so unglaubwürdig wie Homöopathie, aber verdammt unglaubwürdig, und er legt keine Beweise dafür vor, dass einer der Mechanismen, mit denen er Ihnen Angst einzujagen versucht, bei den Pfizer- oder Moderna-COVID-19-Impfstoffen wirksam ist, außer dass er kleine Mengen einer Plasmid-DNA-Kontamination entdeckt hat, die wahrscheinlich vom Herstellungsprozess übriggeblieben ist. Er hat nicht gezeigt, dass diese DNA in den Zellkern gelangen kann, geschweige denn, dass sie sich in das Genom integriert und ‚Ihre DNA dauerhaft verändert.‘“

Ebenfalls sehr lesenswert zur Arbeit ist ein Beitrag in Health Feedback von Michael Imperiale, Professor am Institut für Mikrobiologie und Immunologie der Universität von Michigan.

Sind die überprüften Chargen in Deutschland und Europa zugelassen?

Für das Bundesministerium für Gesundheit bestehen weiterhin offene Fragen. Unter anderem sei noch unklar, was es mit den verwendeten Impfchargen auf sich hat. Für zwei der von Kirchner an das Gesundheitsministerium übermittelten Chargenbezeichnungen fänden sich laut Paul-Ehrlich-Institut weder eine europäische noch eine deutsche Freigabe. Kirchner korrigierte die Nummern später und sprach gegenüber dem Ministerium von einem „Ablesefehler“.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums antwortet mir dazu:

„Die Bundesregierung hat sich in der Antwort auf die Kleine Anfrage (BT-Drs. 20/9033) ausdrücklich auf die ‚mit den Analyseergebnissen …mitgeteilten Chargenbezeichnungen‘ bezogen. Herr Dr. Kirchner hat im Nachhinein erklärt, dass es sich bei zwei der aufgeführten Chargen um einen „Ablesefehler“ handele. Dem BMG liegen jedoch bis auf die Kopien der Schreiben des MMD Labors keine anderweitigen Kenntnisse vor. Ebenso wenig sind dem BMG oder dem PEI die Herkunft der getesteten Proben selbst, das Testverfahren oder die Ursachen oder Hintergründe zu dem behaupteten „Ablesefehler“ bekannt. Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage ist daher weiterhin korrekt.“

Die Beantwortung der Kleinen Anfrage durch die Bundesregierung erfolgte bereits am 31. Oktober. Kirchner reagierte darauf erst mit seinem Schreiben vom 6. November, in dem er von einem Ablesefehler sprach und die beiden korrigierten Chargenbezeichnungen mitteilte.

Korrekturbescheide werden geprüft

Eine eigene von mir durchgeführte Prüfung der neu angegebenen Chargenbezeichnungen lässt die Angaben Kirchners möglicherweise im Nachhineind plausibel erscheinen. Beide Chargen verfügen über ein EU-Zertifikat sowie einen nationalen Freigabebescheid. Unklar ist bisher noch, wieso die auf den Chargen einsehbaren Verfallsdaten sich von denen im System des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte unterscheiden.

Von der Pressestelle des PEI heißt es dazu: „Eine mögliche Erklärung sind Verlängerungen der Haltbarkeit durch die EU-Kommission – auch diese können ein Grund für einen Korrekturbescheid sein.“ Derzeit prüft man diese Korrekturbescheide. Eine für morgen erwartete Antwort wird in diesem Beitrag dann auch zu finden sein.

Der Auftraggeber, Jürgen Kirchner, plant derweil auf Grundlage der Laboruntersuchung eine strafrechtliche Verfolgung. Wen genau er damit im Blick hat, möchte er mir gegenüber nicht angeben. Sein Ziel sei es, den Impfstoff von Biontech vom Markt zu nehmen. Längerfristig möchte er erwirken, dass alle Impfstoffe mit mRNA-Technologie nicht mehr vertrieben werden.

Distanzierung der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg

Im Beitrag wird König von einem Sprecher als „externe Professorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg“ bezeichnet.

Die Medizinische Fakultät der Otto von Guericke Universität Magdeburg distanzierte sich am 14. Dezember von Brigitte König mit folgendem Statement:

Entgegen den Darstellungen auf der Unternehmenswebseite der MMD GmbH & Co. KG besteht seit 2013 zwischen Frau König und dem Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hinsichtlich Forschung, Lehre und Krankenversorgung keine Verbindung. Die auf der Unternehmenswebseite aufgeführte Position „Head of the department of molecular diagnostics and molecular microbiology“ existiert nicht.

Seit mindestens April 2016 bezeichnet sich König auf der englischsprachigen Version ihrer Webseite als „head of the department of ‚molecular diagnostics and molecular microbiology‘ in the institute of medical microbiology at the medical faculty of the Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg.“ Auf der deutschsprachigen Version heißt es jedoch seit mindestens Dezember 2013 bis Ende 2020, dass sie „stellvertretende Direktorin des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie am Universitätsklinikum Leipzig“ ist.

Die Angabe auf der deutschen Webseite änderte sie auch in korrekter Weise und zeitnah, nachdem sie ihren Posten als stellvertretende Direktorin abgab. Unverändert blieb jedoch die Bezeichnung als „externe Professorin“.

Brigitte König kritisierte das Statement der Fakultät im Telefongespräch mit mir bezüglich des Aspekts „Lehre“ und nannte als Gegenbeweis eine von ihr betreute Masterarbeit, sowie mehrere Praktika von Studierenden der Universität an ihrem Labor. Die Studierenden waren jedoch nicht an der Medizinischen Fakultät eingeschrieben, sondern an der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik. Dazu schreibt sie: „Zur Information: Das Studium der Biosystemtechnik findet in Kooperation mit der Medizinischen Fakultät statt.

Die Pressestelle antwortete mir dahingehend:

„Richtig ist, dass die Medizinische Fakultät auch Lehrleistungen für die Studiengänge anderer Fakultäten erbringt. Das ist unter anderem für die Biosystemtechnik der Fall. Jedoch ist Frau Prof. König dort nicht als Dozierende im Rahmen des Lehrexports aufgeführt.

Wichtig zu wissen ist zudem, dass die reine Betreuung von Industriepraktika oder von Bachelorarbeiten entsprechend der Ausführungsbestimmungen für apl.-Professorinnen und Professoren nicht als Lehrleistung auf das sogenannte Lehrdeputat angerechnet wird.“

Fragezeichen intensivieren sich

Auf eine vorherige Nachfrage antworte mir die Presseabteilung der Medizinischen Fakultät zudem:

„Ganz grundsätzlich handelt es sich bei der MMD GmbH & Co KG [das Privatlabor von Frau König, anm. der Red.] mit der Geschäftsführerin Frau Prof. Dr. König um eine völlig eigenständige Firma. Zur Tätigkeit der MMD GmbH & Co KG können wir daher keine Aussage treffen.

Entgegen der Darstellung auf der Unternehmenswebseite, besteht zudem zwischen Frau Prof. Dr. König sowie der MMD GmbH & Co. KG und der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg seit 2013 keinerlei Verzahnung oder Kooperation hinsichtlich Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Frau Prof. Dr. König steht auch in keinem Dienstverhältnis mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Sie verfügt lediglich über den Status einer sogenannten außerplanmäßigen (apl.) Professur, der sie laut Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (§48 Abs. 3) auch nach Vollendung des 62. Lebensjahres dazu befugt, den Professoren-Titel zu tragen, auch wenn sie keine Lehr- und Forschungstätigkeit mehr für die Einrichtung ausübt.

Die Medizinische Fakultät hat Frau Prof. König in einem entsprechenden Schreiben bereits ausdrücklich zur Richtigstellung der Informationen auf der betroffenen Internetseite aufgefordert.

Die letzte Lehrveranstaltung von Frau Prof. König in Ausübung ihrer apl.-Professur fand am 20.12.2013 an der Otto-von-Guericke-Universität statt. Weitere Lehrtätigkeiten, wie die Betreuung von Hausarbeiten und Praktikanten, sind uns nicht bekannt.“

Fazit:

Die im Beitrag und auf ihrer Webseite verbreitete Bezeichnung als „externe Professorin“ existiert offiziell nicht. Doch diese Bezeichnung schaffte es nicht nur in den Beitrag beim MDR, sondern unter anderem auch in den Cicero. Übrigens noch deutlich vor Ausstrahlung des Beitrags in der MDR Umschau.

Die „Querdenken“-Initiative des World Council for Health verbreitete die Angaben in gleich zwei Beiträgen mit Nennung von Brigitte König. König trat im Rahmen der Initiative zusammen mit Sucharit Bhakdi auf, so Psiram. Derzeit läuft gegen Bhakdi ein Verfahren wegen mutmaßlicher Volksverhetzung. Ein früheres Verfahren wurde für ihn positiv entschieden, doch die Generalstaatsanwaltschaft in Kiel legte Berufung ein.

Seit dem 18. Dezember sieht man auf der Webseite von Frau König lediglich eine Infotafel als Startseite. Ein Zugriff auf die kritisierten Angaben zum Lebenslauf ist derzeit dementsprechend nicht möglich.

Einordnung: Auch, aber nicht nur auf den MDR schauen

In sozialen Netzwerken hat sich teilweise die Sicht Bahn gebrochen, der MDR sei ein „Schwurbelsender“. Dagegen spricht einiges, darunter auch die ansonsten sehr solide Berichterstattung zu Corona und den Impfungen. In der medialen Berichterstattung zum Beitrag der MDR Umschau wurde bislang ein Aspekt nicht berücksichtigt: die einer inhaltich mitverantwortlichen Journalistin.

Sowohl aus Hintergrundgesprächen als auch aufgrund des Beitrags selbst ist mir bekannt, wer an dem Beitrag – zumindest in Teilen – beteiligt war. Die Journalistin ist seit März 2022 nach meinem Verständnis für den Großteil aller bisher zum Thema „Impfungen gegen Corona“ beim MDR massiv in der Kritik stehenden Beiträge verantwortlich. Mir fällt es persönlich schwer, dabei keine Systematik zu erkennen.

Ein Gespräch mit der Journalistin zur Klärung war mir jedoch nicht möglich. Die erste Anfrage in der ich unter anderem um eine Kontaktmöglichkeit zur Autorin bat, beantwortete eine Sprecherin des MDR so: „Den MDR haben eine Vielzahl unterschiedlicher Hinweise zu dem Beitrag „Corona-impfstoff in der Kritik“ erreicht. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, diese in den nächsten Tagen gemeinsam mit der Redaktion sorgfältig zu prüfen. Wir bitten diesbezüglich um Ihr Verständnis.

„seit dem 17.12. vorübergehend nicht verfügbar“

Eine zweite Anfrage, in der ich erneut um eine Bitte für einen Kontakt zur Journalistin bat, beantwortete eine andere MDR-Sprecherin folgendermaßen: „Der ‚Umschau‘-Beitrag über Corona-Impfstoffe ist seit dem 17.12. vorübergehend nicht verfügbar. Seit der Veröffentlichung am 12.12. haben uns zahlreiche Fragen und Hinweise erreicht, die wir derzeit sorgfältig prüfen und einordnen. Das Ergebnis dieser Überprüfung werden wir transparent machen. Wir bitten um Verständnis, dass dies ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen wird.

Auch auf die Frage, weshalb der Beitrag als einzige Produktion der Sendung vom 12. Dezember keine Angaben von Verantwortlichen machte, erhielt ich keine verwertbare Antwort. Für die FAZ hatte Hinnerk Feldwisch-Drentrup mehr Erfolg. Den Namen der Autorin nenne der MDR auf „Wunsch der Autoren“ nicht, so heißt es im Beitrag vom 19. Dezember. Dabei handele es sich um ein „Autorenkollektiv“.

Im Fluss der Fragwürdigkeit

Nicht ganz uninteressant sind auch einige Hintergründe, die mir Jürgen Kirchner in einem Telefongespräch bestätigte. Darunter sein persönlicher Kontakt und die Zusammenarbeit mit dem Pathologen Michael Mörz. Letzterer hat ebenso wie Kirchner Berührungspunkte zum Umfeld von „Querdenken“ und erschien am 29. November vergangenen Jahres in einem Beitrag der MDR Umschau als Gesprächspartner.

Auch über diesen Beitrag berichtete ich. Eine Neuropathologin der Berliner Charité äußerte deutliche Kritik an der Methodik des Fallberichts von Mörz. Dieser pathologische Fallbericht spielte im Beitrag eine wichtige Rolle. Jürgen Kirchner gab mir gegenüber an, dass er dem MDR Mörz vorschlug. Hätte es ohne den Hinweis von Kirchner diesen Beitrag also nie gegeben? Weiterhin unklar, denn eine Sprecherin des MDR antwortete auf eine Anfrage dazu mit dem letzteren der oben angegebenen Zitate der Pressestelle.

Auf die Frage an Jürgen Kirchner, ob er wisse wie die Information über die geplante Ausstrahlung im Vorfeld der Sendung an Sucharit Bhakdi gelangte, antwortete er mir schriftlich wie folgt:

„Natürlich weiß ich das: Ich selbst habe diese Information so weit wie möglich gestreut, sobald ich den Termin der Ausstrahlung erfahren hatte. […] Auf diese Weise hat das natürlich auch Prof. Bhakdi erreicht.“ Weiter schreibt er dazu: „Der MDR hatte mir über mehrere Wochen immer wieder Fragen vorgelegt, die ich beantwortet und der MDR überprüft hat. Der MDR hat einen enormen Rechercheaufwand betrieben, das wurde durch die zahllosen mir vorgelegten Fragen sehr deutlich.“

Die Fakten von Kirchner habe man im Vorfeld der Sendung noch einmal durch einen Journalisten extra nachgeprüft, so Kirchner weiter.

Was haben Cicero, Kontrafunk, The Epoch Times und Tichys Einblick gemeinsam?

Die Antwort darauf lautet: Alle der genannten Medien haben Jürgen Kirchner und/oder Brigitte König deutlich vor Erscheinen des Beitrags in der MDR Umschau völlig unkritisch einen Raum geboten oder diese lobend erwähnt. Für meine Recherchen war das hilfreich, für alles weitere nicht. Auch im Nachgang der Veröffentlichung des Beitrags im MDR gab es noch einige Medien, die dessen Narrativ ebenfalls mit mangelnder Distanz weiterverbreiteten. Darunter auch bei Tichys Einblick.

In diesem Beitrag sieht man den Gastautoren eine besondere intellektuelle Verrenkung durchführen, wenn er behauptet: „Ein Recherche-Team des MDR hat das Thema DNA-Verunreinigung der modRNA-Impfstoffe angepackt, wohl mit dem Ziel, eine neue Verschwörungstheorie von Impfgegnern aufzudecken.“ Es wird gar eine Parallele zur Contergan-Katastrophe gezogen.

Warum uns solche Berichte beim MDR – wenn auch berechtigt – mehr stören als bei diesen Alternativmedien, ist auch ein Teil des Problems der gegenwärtigen Medienkrise, deren Tragweite bislang aus meiner Sicht noch nicht bei allen vollständig verstanden wird.

Welchen Umgang finden?

Vor wenigen Tagen sendete ich eine Programmbeschwerde an den MDR-Rundfunkrat bezüglich des Beitrags. Darin sprach ich mich für eine Löschung aus. Obwohl René Martens im Altpapier des MDR im Zusammenhang mit dem Beitrag von einer verfrühten „Bescherung für Impfgegner“ schreibt, hat dieser einen bedenkenswerten Vorschlag:

„Er [der Beitrag, anm. der Red.] ist dazu geeignet, Menschen vom Impfen abzuhalten, und so gesehen ist jede Nanosekunde, die er online steht, eine zu viel. Momentan neige ich dennoch dazu, dafür zu plädieren, den Film als eine Art Mahnmal online zu lassen – und als Ergänzung einen wissenschaftlich und journalistisch seriösen Beitrag dazu zu stellen. Ein guter Ansprechpartner wäre hier der Mediziner Janos H[e]gedüs (…).“

Aus meiner Sicht ist das der vernünftigere Vorschlag. Dass der Beitrag vorerst vom Netz ist, halte ich ebenfalls für eine gute Maßnahme. Dennoch zirkuliert dieser selbstverständlich weiter frei im Netz. Einen Hinweis mit einer entsprechenden Bitte um einen Nachtrag zu meiner Beschwerde habe ich dementsprechend dem MDR mittlerweile zukommen lassen.

Wie ist das aber mit dem Umgang mit der Journalistin?

Wie ist das aber mit dem Umgang mit der mindestens mitverantwortlichen Journalistin? Diese Frage hat zwei Bestandteile. Die eine ist die öffentliche Meinung. Auch ich habe Kritik an ihrem Wirken und dem Wirken des sogenannten „Autorenkollektivs“, aber empfinde die Härte einiger Reaktionen ihr gegenüber in sozialen Netzwerken als unangemessen. Ein grundlegendes Verständnis können weite Teile der Öffentlichkeit aber am besten dann entwickeln, wenn sich die andere Seite öffnet. Ob das die Journalistin derzeit bereits kann, ist für mich noch unklar.

Der andere Bestandteil bezieht sich auf den MDR. Wie sich die Entwicklung innerhalb des MDR gestaltet, steht allerdings noch aus. Es ist nachvollziehbar und auch gut, wenn dieser auf eine Klärung innerhalb des Senders setzt. Zu wünschen wäre es dem Sender und der Journalistin, wenn sich die Sache – sollte sich eine Einsicht in Gesprächen herauskristallisieren – positiv für diese entwickelt.

Ich gehe von einem für alle Beteiligten anstrengenden Prozess aus, der am Ende des Tages jedoch nur unter einem gemeinsamen Ziel stehen sollte: Wie gewährleisten wir in der Zukunft weiterhin guten Journalismus? Die Journalistin kann auch Teil dieses Weges sein.

Dies gilt auch für die anderen Beteiligten des „Autorenkollektivs“. Einen weiteren Beitrag dieser Art kann sich der MDR jedoch angesichts der negativen öffentlichen Wahrnehmung – und nicht etwa aufgrund von politischen Drucks, wie Personen aus dem Umfeld von „Querdenken“ behaupten –  eigentlich nicht mehr leisten.

Das Ende der Abmoderation für den Beitrag in der MDR Umschau war rückblickend aber prophetischer als man denkt. Nur eben ganz anders, als manche:r denkt.

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Artikelbild: Screenshot mdr.de, canva.com

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