Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Digitale Brieftasche: Sprind-Wettbewerb geht in die finale Runde
Das Feld dünnt sich aus: Vier Teams wetteifern nun darum, einen Prototypen für eine digitale Brieftasche zu erstellen. Google und Samsung sind ausgeschieden. Die dritte und letzte Stufe des Wettbewerbs endet im September 2025.
Die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) hat am Mittwoch bekannt gegeben, welche vier Unternehmen weiter einen Prototypen für eine deutsche EUDI-Wallet entwickeln. Die dritte und letzte Stufe des Innovationswettbewerbs beginnt im Dezember 2024 und endet im September 2025.
Im Rennen sind zum einen Ubique Innovation aus der Schweiz und Animo Solutions aus den Niederlanden. Beide Teams erhalten in den kommenden Monaten jeweils 450.000 Euro. Zum anderen sind noch die Lissi GmbH, die als Ausgliederung der Commerzbank gegründet wurde, und das Team wwWallet dabei, ein Kooperationsprojekt von GUnet (Greek Universities Network), Sunet (Swedish University Computer Network) und Yubico. Diese beiden Teams werden nicht finanziell gefördert, sollen aber vom Feedback der Jury und dem Netzwerk der Sprind profitieren.
Google und Samsung sind ausgeschieden
Im Mai dieses Jahres waren insgesamt elf Teams an den Start gegangen, sechs von ihnen erhielten in der ersten Runde eine Finanzierung. Unter den fünf Teams, die keine Förderung bezogen, war neben einer Abteilung von Samsung auch das Android-Team des Tech-Konzerns Google. Beide Teams sind nach der zweiten Runde ausgeschieden. Die Gründe für diese Jury-Entscheidung sind nicht bekannt.
Über die Entscheidung, Google an den Start gehen zu lassen, hatte es im Mai innerhalb der Jury Unstimmigkeiten gegeben. Ein entsprechender Hinweis findet sich auf der Sprind-Website:
Bei der Bewertung der Bewerbung des Google-Teams äußerte die Jury Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Ein Jurymitglied sprach sich aufgrund von Datenschutz- und Wettbewerbsbedenken deutlich gegen Google aus. Da das Team alle Bewertungskriterien und Anforderungen (einschließlich der Datenschutzanforderungen) erfüllte, beschloss die Mehrheit der Jurymitglieder, das Team zur Teilnahme an Stufe 1 einzuladen und diesen Aspekt (neben anderen) zum Ende der Stufe 1 erneut zu bewerten.
Datenschützer:innen fürchten, dass eine digitale Brieftasche die Überidentifikation im Internet befördert. Außerdem hatte die Jury ausschließlich Unternehmen zum Innovationswettbewerb zugelassen. Der Einfluss der Zivilgesellschaft beschränkt sich damit auf wenige Plätze in der Jury. Dabei war der Zivilgesellschaft zu Beginn des Verfahrens noch das genaue Gegenteil zugesagt worden.
Der Jury gehören zehn Personen an, darunter sind Christiane Fritsch von der ING Deutschland, Brian Behlendorf von der Open Source Security Foundation, Thomas Lohninger von der Bürgerrechtsorganisation epicenter.works und Uwe Kraus vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Namen aller Jury-Mitglieder sind auf der Sprind-Website genannt.
Eine digitale Brieftasche bis Ende 2026
Bis zum Herbst 2026 müssen die EU-Mitgliedstaaten ihren Bürger:innen eine digitale Brieftasche anbieten. Mit ihr sollen sie sich online wie offline ausweisen und digitale Nachweise speichern können.
Das EU-Gesetz, das dem ganzen Prozess zugrunde liegt, trat im Mai dieses Jahres in Kraft. Die novellierte eIDAS-Verordnung sieht vor, dass die Wallet freiwillig und kostenlos sowie interoperabel sein soll. Außerdem sollen die Nutzer:innen transparent darüber bestimmen können, welche Daten sie an wen weitergeben. Es liegt nun an den Mitgliedstaaten, die Verordnung in nationale Gesetze zu gießen. In Deutschland wird das voraussichtlich erst die nächste Regierung übernehmen.
Wenn am Ende des Innovationswettbewerbs der Prototyp für die deutsche Wallet vorliegt, soll daraus laut Bundesinnenministerium in einem „iterativen Prozess“ schrittweise eine „vollfunktionsfähige EUDI-Wallet“ hervorgehen, die den rechtlichen Anforderungen entspricht.
Zur Quelle wechseln
Zur CC-Lizenz für diesen Artikel
Author: Daniel Leisegang