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Diensteanbieterverpflichtung: Die Mauer in meinem Netz

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

DiensteanbieterverpflichtungDie Mauer in meinem Netz

Anders als früher will die Bundesnetzagentur im Herbst keine Mobilfunkfrequenzen mehr versteigern, sondern die bestehenden Nutzungsrechte verlängern. Das schwäche den Wettbewerb, kritisieren Verbraucherschützer:innen und Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz.


Tomas Rudl – in Netzekeine Ergänzungen
Verbraucherschützer:innen und Anbieter ohne eigene Infrastruktur fordern eine Öffnung der Mobilfunknetze. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / Zoonar

Der deutsche Mobilfunkmarkt braucht neuen Schwung, fordern Verbraucherschützer:innen. Im Herbst steht die Verlängerung der Frequenznutzungsrechte für die Mobilfunkbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) an. Dabei wünscht sich der Bundesverband der Verbraucherzentralen (Vzbv) mehr Wettstreit auf dem Markt. Das soll zu einem besseren Preis-/Leistungsverhältnis und damit Vorteilen für Verbraucher:innen führen.

Vor allem für Diensteanbieter und Kommunikationsanbieter ohne eigenes Netz müssten „die richtigen Grundvoraussetzungen geschaffen werden“, um den Markt zu beleben, schreibt der Vzbv in seiner Stellungnahme zu einer Konsultation der Bundesnetzagentur. Die Regulierungsbehörde müsse die Auflagen „sowohl für den Ausbau als auch zur Verbesserung des Wettbewerbs deutlich verschärf[en]“. Insbesondere sollte den Platzhirschen eine Diensteanbieterverpflichtung auferlegt werden, indem sie Wettbewerber in ihre Netze lassen müssen, fordert der Vzbv.

Keine Versteigerung geplant

Bislang wurden die Rechte für die Nutzung der begehrten Mobilfunkfrequenzen stets versteigert und haben damit Milliardenbeträge in die Staatskasse gespült. Für die nächste Runde will die Bundesnetzagentur nun einen anderen Ansatz ausprobieren. Sie will die Ende 2025 auslaufenden Rechte an den Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1.800 MHz und 2.600 MHz nicht mehr zur Auktion freigeben, sondern zu bestimmten Konditionen für fünf Jahre verlängern.

Das ist verknüpft mit deutlich gestiegenen Ausbauverpflichtungen, die sich auf die Fläche und nicht mehr nur auf Haushalte beziehen. Bezahlen sollen die drei Betreiber insgesamt rund 600 Millionen Euro, rund ein Drittel der zuletzt gezahlten Auktionserlöse. Das gesparte Geld sollen sie in den Netzausbau stecken: Ab dem Jahr 2030 sollen 99,5 Prozent des Bundesgebiets mit mindestens 50 Mbit/s versorgt sein, für Haushalte und Straßen sollen noch höhere Auflagen gelten.

Neuer Netzbetreiber ohne Frequenzen

Eines der Probleme dabei ist, dass mit 1&1 inzwischen ein vierter Netzbetreiber in den Markt eingestiegen ist – der keine Rechte an den bereits vergebenen Frequenzen besitzt. Um das auszugleichen, sollen die etablierten Betreiber zu einer kooperativen Mitnutzung von Frequenzen unterhalb von 1 GHz verpflichtet werden. Außerdem erwägt die Bundesnetzagentur, zu Gunsten von 1&1 ein Verhandlungsgebot zu National Roaming zu erlassen. Sollten die Verhandlungen mit den anderen Betreibern scheitern, könnte die Behörde das ab 2026 sogar anordnen. Ausgemachte Sache ist der Vorschlag der Bundesnetzagentur aber noch nicht.

Das Vorhaben baut zu einem guten Teil auf einem Gutachten von WIK-Consult und EY (Ernst & Young) auf, welches die beiden Beratungsunternehmen im Auftrag der Netzagentur erstellt und Anfang des Jahres präsentiert hatten.

Gutachten sieht „wirksamen Wettbewerb“

Die Ergebnisse waren für viele überraschend, denn dem Gutachten zufolge geht es dem Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt gut: „Unabhängige Mobilfunkanbieter haben in Deutschland im europäischen Vergleich die höchsten Teilnehmermarktanteile“, heißt es etwa. Zudem sei die Marktkonzentration in „Deutschland bei den in der Studie betrachteten Ländern mit am geringsten“.

Entsprechend empfehlen die Autor:innen nur zurückhaltende regulatorische oder gesetzgeberische Eingriffe. Weder brauche es neue Auflagen, um dem Neueinsteiger 1&1 den Markteintritt zu erleichtern, noch gebe es nennenswerte Probleme auf dem Vorleistungsmarkt, wo die Betreiber Zugänge zu ihren Netzen verkaufen. „Es findet sich keine empirische Evidenz für eine Abschottung des Vorleistungsmarktes durch die etablierten Mobilfunknetzbetreiber“, heißt es in der Studie. Marktzutritte im Vorleistungsmarkt seien möglich und fänden statt.

Dieser Einschätzung ist die Bundesnetzagentur bislang gefolgt: „Eine Regulierung von Zugang zu Vorleistungen ist in einem funktionsfähigen Marktumfeld nicht geboten“, stellt der Konsultationsentwurf klar.

Bündelangebote kleinerer Netzbetreiber

Dem widerspricht nicht nur der Vzbv energisch. Auch der Branchenverband Breko kann die Einschätzung der derzeitigen Wettbewerbsverhältnisse nicht nachvollziehen. Entsprechend sei der Vorschlag der Bundesnetzagentur nicht geeignet, einen „chancengleichen und diskriminierungsfreien Wettbewerb im Mobilfunkmarkt zu ermöglichen“, schreibt der Verband in seiner Stellungnahme.

So habe sich das heute schon geltende Verhandlungsgebot bislang als wirkungslos erwiesen. Nach Einschätzung des Breko könnte dies sogar „zur Rechtswidrigkeit der Verlängerungsentscheidung“ führen. Und wie der Vzbv pocht der Verband auf eine Diensteanbieterverpflichtung – aus seiner Sicht das „mildeste wirksame Regulierungsinstrument“, um bestehende Ungleichgewichte zwischen den etablierten Mobilfunknetzbetreibern und Vorleistungsnachfragern aller Marktsegmente zu beseitigen.

Dazu zählen etwa auch kleinere Netzbetreiber, die beispielsweise regional Glasfaserprodukte anbieten. Auf Basis einer wirksamen Diensteanbieterverpflichtung könnten sie „mit attraktiven Bündelangeboten im Markt aktiv werden“, also Festnetz- und Mobilfunkverträge aus einer Hand anbieten. Zugleich könnte das Instrument „drohende Marktaustritte von heute aktiven netzunabhängigen Mobilfunkanbietern verhinder[n]“.

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Author: Tomas Rudl

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