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Die Ost-West-Achse Debatte: „Faktencheck“ der nicht genannten Experten in der Kritik

Report-K

Eine Stadtbahn der Kölner Verkehrsbetriebe KVB

Köln | Die Debatte um die Ost-West-Achse und die Einführung von Zügen mit einer Länge von 90 Metern dauert seit Jahren an. Das Aktionsbündnis Verkehrswende Köln (KVB) spricht von Falschaussagen von Experten, die auf einer städtischen Internetseite „Faktenchecks“ machen. Die Debatte hat auch eine mediale Komponente.

Der Screenshot vom 18. Oktober 2024 zeigt den von der Stadt Köln sogenannten „Faktencheck“ und dokumentiert, das die sogenannten Experten nicht genannt werden. | Screenshot am 18.10.2024 um 11:15 Uhr.

„Faktenchecks“ und ihre Verbreitung in digitalen Zeiten

Wer das Wort „Faktencheck“ googelt erhält folgende Antwort: „Der Faktencheck bezeichnet ein journalistisches Konzept, das die Aussage einer oder mehrerer Personen anhand von recherchierbaren und nachprüfbaren Fakten überprüft.“ Hier stellt sich schon die erste Frage und die sei vorausgeschickt: Glauben die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) sie betreiben Journalismus, weil sie im Netz publizieren, oder wollen sie nur Unabhängigkeit suggerieren? Ein echter Fakt ist allerdings: Die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe unterliegen nicht der Pressefreiheit und dürfen keine presseähnlichen Produkte erstellen und vertreiben. Davor schützt sie auch das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung nicht.

Die Debatte um die Ost-West-Achse zeigt wie um die mediale Hoheit über ein Thema heutzutage gerangelt wird. Die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe betreiben eine eigene Website zum Thema Ost-West-Achse unter der URL „ostwestachse.koeln“*. Auf dieser Seite bietet die Kommune einen sogenannten „Faktencheck des Expertenteams“ an. Auf der Faktencheck-Seite fehlt allerdings der Hinweis wer diese Experten sind und von wem sie bezahlt werden. Da ist sie wieder die Frage nach der Unabhängigkeit der Interessen. Die Stadt Köln schreibt auf der Seite nur: „Auf dieser Seite stellen wir die sechs wichtigsten Punkte in der aktuellen Debatte richtig, um Ihnen transparente und verständliche Informationen zu bieten.“

Gleichzeitig ist die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe als städtisches Unternehmen eine sogenannte Primärquelle. So werten dies die wichtigsten Verbreiterungsplattformen des Internets wie Suchmaschinen, Internetlexika oder KI generierte Frage-Antwort Plattformen wie „Perplexity.ai“. Wer dort etwa die Frage eingibt „Was baut die Stadt Köln auf der Ost-West Achse“ bekommt acht Quellen gennant: Darunter 5 mal die Stadt Köln, einmal die IHK Köln und eine politische Wählergruppe mit „Gut Köln“.

Zwar schreibt die „Wikipedia“, dass ihr Artikel nicht ausreichend mit Belegen ausgestattet sei, dies hindert aber die KI-Frage-Antwort-Maschine nicht, daraus zu zitieren. Und in der „Wikipedia“ findet sich von 6 Links, die auch Quelle sind, viermal die Quelle Stadt Köln, ein Stellungnahme eines Verbandes und eine Medienseite.

Wer die Suchmaschine nutzt und die Begriffe „ost west achse köln“ eingibt, erhält auf den ersten beiden Suchplätzen aus der vorgenannten Primärquellen-Einschätzung der Suchmaschinen die Seiten der Stadt Köln, dann die Wikipedia Seite, dann wieder Stadt Köln, die KVB und an Position sechs das „Bündnis Verkehrswende Köln“. Es folgt ein Medienartikel, eine Partei und eine Social Media Seite mit 10 Followern.

Das Beispiel Ost-West-Achse und der Diskurs darüber in digitalen Medien wird also aufgrund der Konstruktion der digitalen Verbreitungsplattformen von der Stadt Köln, der Stadtverwaltung und des städtischen Unternehmens Kölner Verkehrsbetriebe dominiert, die so ihre Position verbreitet. Aber ist das allen Kölner:innen klar? Wo bleibt hierbei die Debatte, der politischen Parteien in Köln und ihre unterschiedlichen Auffassungen und der Stadtgesellschaft in der digitalen Öffentlichkeit?

Der Faktencheck der Stadt Köln

Die Stadt Köln widmet sich in ihrem Faktencheck 6 Punkten. Das Bündnis Verkehrswende Köln stellte dazu seine Sicht dar.

Die Taktverdichtung

Die Stadt Köln und die KVB behaupten es sei keine Taktverdichtung auf der oberirdischen Strecke möglich. Als Grund werden Spitzenzeiten und Querungen der anderen Verkehrsteilnehmer:innen angegeben. Das Bündnis Verkehrswende Köln widerspricht und verweist auf ein Gutachten von Verkehrsexperte Prof. Dr. Stölting, der aussagt die Querungen seien auch nach einer Taktverdichtung möglich. Es gibt einen Verweis auf die Schweizer Stadt Zürich, wo dies gelänge. Allerdings müssten dazu oberirdisch die entsprechenden Vorkehrungen und Änderungen eingepreist werden, wie etwa die Einstellung der Nordumfahrung des Neumarktes, wie es auch die 90 Meter Bahnvariante der Stadt vorsehe. Zudem müssten am Heumarkt und am Neumarkt vier Gleise mit Bahnsteigen zum Ein- und Aussteigen geschaffen werden, dann sei eine Taktverdichtung realisierbar. Bei Zügen mit 90 Metern Länge sei das allerdings nicht möglich. Zudem kritisiert die Verkehrswende: „Am Neumarkt wird die oberirdische Variante mit einer unsäglich großen Gleisanlage vorgeschlagen, die den Neumarkt als Aufenthaltsplatz zerstören würde. Die Stadt Köln weigert sich, dem Stadtrat die oberirdische Alternative dazu – versetzten Haltestellen am Neumarkt/Cäcilienstraße – anzubieten. Warum? Unsere Einschätzung: die oberirdische Variante mit 90m-Zügen soll so unattraktiv sein, damit die Tunnelvariante – trotz aller Nachteile – favorisiert wird.“ Die Stadt Köln und die KVB verlinken auf einen Flyer und postulieren: „Ohne Langzüge geht es nicht“.

Der Bau

Die 90-Meter-Bahnen könnten bereits fahren, auch wenn der Tunnel in der Innenstadt gebaut werde, sagt die Stadt Köln und die KVB. Voraussetzung sei lediglich der Bau der verlängerten Bahnsteige in den Außenbezirken. Eine konkrete Lösung wird nicht vorgestellt. Das kritisiert das Aktionsbündnis Verkehrswende und fragt warum? Die Aktivist:innen befürchten, dass genau das Gegenteil eintreten wird in der Bauphase, dass der Fahrbetrieb der KVB eingeschränkt wird. Zudem verweist die Verkehrswende auf die gesetzlichen Regelungen, dass 90-Meter Bahnen ein vom motorisierten Individualverkehr getrenntes Gleisbett benötigen.

Die Kosten und der Nutzen

Die Stadt Köln und die KVB sagen, dass beide Varianten, also die Tunnellösung und die oberirdische Variante förderfähig seien, weil der Kosten-Nutzen-Index über dem Faktor 1,0 liege. Dieser Index veränderte sich im Laufe der Planung etwa zu Gunsten der Tunnellösung. Dies ziehen die Gegner der Tunnellösung in Zweifel, vor allem weil die Tunnellösung nur einen minimalen Vorteil gegenüber der oberirdischen Variante ausweist und es hier zu einer Umdrehung zwischen der Untersuchung 2018 und aktuell kam. Die Stadt begründet dies mit besseren Zahlen. Die Verkehrswende Köln erklärte, dass sie dies aktuell von einem Verkehrsberatungsbüro prüfen lasse. Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Archäologische Funde

Die Stadt Köln gibt sich selbstsicher und sagt, die Archäologie sei bereits zeitlich eingepreist und man verfüge über 100 Jahre Erfahrung. Die Gegner der Tunnellösung sehen dies skeptischer und erwarten bei 2,7 Kilometer Tunnel und 30 Meter Bautiefe mit erheblichen archäologischen Funden. Sie verweisen darauf, dass die Archäologie nicht parallel mit dem Bau erfolgen könne, sondern vorgeschaltet sei. Zudem sagen sie: „ Die Bauzeitangabe der Stadt für den Tunnel von 12 Jahren entspricht nicht den Erfahrungen. Die archäologischen Untersuchungen werden bereits mit 10 Jahren angegeben.“

Zur Transparenz und zum Kriterienkatalog

Die Stadtverwaltung und Kölner Verkehrsbetriebe halten in ihrem Faktencheck fest: „Anders als in der öffentlichen Debatte teils dargestellt, zeigt der Kriterienkatalog somit keine Präferenz für eine der beiden Alternativen. Die Ratsmitglieder entscheiden selbst über die Gewichtung und Bewertung der Kriterien.“

Dem widersprechen die Kritiker:innen deutlich: „Im Mai hieß es dazu seitens der Stadt und entsprechend groß wurde es in den Medien berichtet: Die Faktenlage sei jetzt klar! Von 33 Kriterien sprächen 20 für den Tunnel! Nur durch mehrfachen Einspruch zivilgesellschaftlicher Organisationen musste die Stadt ihre Zählung korrigieren. Sie hatten nur die Punkte der Nutzenseite gezählt, die Punkte für die Aufwandseite wurde nicht gezählt. Die durch die Stadt korrigierten Fakten/Daten lauten: ‚von 51 Kriterien sprechen jetzt 30 für die oberirdische Lösung und 27 für den Tunnel‘, wobei der Kriterienkatalog bereits sehr tunnelfreundlich aufgestellt wurde. So bekommen beide Varianten je einen Punkt für Umweltbelastungen und das bei knapp 100.000 Tonnen CO2-Belastung pro Bau-Kilometer beim Tunnel. Die Begrünung ist ausgeglichen. Beide Varianten bekommen 1 Punkt, obwohl beim Tunnelbau vorher zahlreiche Platanen abgeholzt werden müssen. Für den Stadtraum wurden 8 Kritierien aufgestellt, wobei 7 pro Tunnel gewertet wurden. Für die Barrierefreiheit gibt es hingegen nur ein Kriterium, das für die oberirdische Variante mit einem Punkt bewertet wurde. Die Stadt behauptet: die Kriterien wurden in Abstimmung mit der Politik und Teilen der Zivilgesellschaft erstellt. Dem widersprechen wir energisch. Wir durften unsere Kritik äußern. Sie wurde jedoch in großen Teilen nicht in den Entscheidungen einbezogen. Der korrigierte Kriterienkatalog wurde weder der Presse vorgestellt noch im Faktencheck des städtischen Expertenteams genannt. Der Grund ist offensichtlich: Selbst bei den pro-Tunnel aufgestellten Kriterien sprechen nun mehr Kriterien für die oberirdische Variante.“

* Das Impressum

Die Website „Ostwestachse.koeln“ gibt als Herausgeber die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe AG an und verweist darauf, dass die Stadt eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.

In dem Impressum sprechen die Stadt Köln und die KVB AG von einer „Verantwortlichen Redaktion“. Als Verantwortliche werden die Leiterin einer Stabstelle für Kommunikation im Dezernat Mobilität der Stadt Köln und eine stellvertretende Unternehmenssprecherin der KVB genannt.

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広告掲載につ?. Sie haben das recht, binnen vierzehn tagen ohne angabe von gründen diesen vertrag zu widerrufen. Since then andreas gruenberg has dedicated his work to filmmaking for national and international markets.