Der rechtsradikale Verschwörungsideologe Elon Musk sorgt dafür, dass auf seiner Plattform Twitter Hass, Desinformation und Antisemitismus immer dominanter werden. Immer mehr Werbetreibende und Nutzer verlassen die Plattform, es gibt einen regelrechten X-odus. Die Plattform wird immer mehr zu einer für rechte Ideologen und immer mehr Bots. Also haben wir uns entschieden, zum Bot zu werden.
Kein Witz: Unser Account auf Twitter ist schon seit mehreren Tagen zu einem Bot geworden. Er repostet nur noch die Dinge, die wir auf Bluesky posten. Die Kommentarspalte bei unseren Tweets bleibt ab sofort auch automatisch geschlossen. Wir wollen nicht für mehr Interaktion dort sorgen, aber dennoch unsere Faktenchecks sichtbar machen, damit wenigstens ein paar Fakten zu sehen sind für Leute, die noch auf der Plattform sind. Zumindest vorübergehend. Der Moderationsaufwand dort ist obszön groß und wir haben Besseres zu tun. Wir müssen täglich enorm viele rechte Accounts blocken – viele davon ebenfalls Bots. Ironisch.
Übrigens: Musk möchte zwar, dass wir Twitter „X“ nennen, aber machen wir nicht. Außer für das Wortspiel im Titel.
Aber müssen wir nicht gegenhalten?
Elon Musk möchte einen weitreichenden Rechtsruck, er teilt ja zum Beispiel Beiträge, die sich die Machtergreifung der rechtsextremen AfD wünschen. Seine Übernahme Twitters wurde von Rechten und Rechtsextremen gefeiert. Mit seinem Märchen, dass er für absolute Redefreiheit sei, wollte er jedoch einfach nur es rechtfertigen, dass er Hass, Lügen und Faschismus auf der Plattform wieder freien Lauf lassen kann. Denn es stimmt halt einfach nicht, dass er sich irgendwie für Redefreiheit einsetzt. Er setzt sich lediglich für die „Freiheit“ ein, Hass, Lügen, Antisemitismus, Verschwörungsmythen und Holocaustleugnung auf Twitter zu verbreiten. Und verbreitet das auch fleißig selbst.
Twitter ist aus dem EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation ausgetreten, die Anti-Fake-News-Chefin hat die Plattform längst verlassen. Kaum hatte er Twitter übernommen, explodiert dort die Leugnung des menschengemachten Klimawandels. Auch Hassrede hat ungeahnte Ausmaße in Twitter angenommen, sagen Experten. Eine brandneue Studie (pre-print) zeigt, dass Twitters Algorithmus massiv Polarisierung und Wut fördert. Wieder etwas, was Musk besser machen wollte und es nicht tat. Laut einer Analyse des Center For Countering Digital Hate wird Hassrede von Twitter-Blue-Accounts zu 99 % nicht gelöscht.
Wir müssen da „gesellschaftlich“ gegenhalten. Aber Twitter ist nicht „die Gesellschaft“. Es darf nicht die Gesellschaft sein und gleichzeitig einem derartig radikalen Ideologen gehören.
Einem autokratisch handelnden Ideologen, einfach Accounts löscht, wenn sie unliebsame Wahrheiten aussprechen:
Im Gegensatz dazu verkauft Elon Nazis, Mördern und Kriegsverbrechern gern zusätzliche Reichweite.
Er ist auch gegenüber staatlicher Zensur wesentlich zuvorkommender als seine Vorgänger – Richtig gehört, es wird unter Musk jetzt MEHR zensiert. Auch wenn er wie ständig lügt und das Gegenteil behauptet.
Und viele weitere Beispiele. Wir müssen sie auch nicht x-mal wiederholen, pun intended.
Auf Twitter bleiben?
Weiterzumachen, wie bisher heißt, die Plattform Twitter weiter relevant zu halten, obwohl sie genau das nicht mehr sein darf. Weil Musk seine Versprechen bricht, lügt und nur Desinformation und Rechtsradikalen mehr Meinungsfreiheit gibt.
Den Volksverpetzer Account als Bot weiterzubetreiben, sehen wir hier vorerst als guten Kompromiss. So stecken wir null Zeit in die Plattform, aber die Inhalte und auch unser Nutzername sind nicht „verloren“.
Ein kurzer Hinweis zu unserer Policy: Wir sind auf den meisten Plattformen vertreten. Facebook, Twitter, Instagram, Youtube, Tiktok, Reddit, Linkedin, Mastodon, Bluesky, Threads, Whatsapp, Telegram. Wir haben auch eine eigene App, die du dir stattdessen holen kannst, wo unser gesamter Content bequem einfach an nur einem Ort zu finden ist. Unser Ziel ist es, so viel Reichweite wie möglich für Fakten, Faktenchecks und Gegennarrativen zu schaffen. Wir müssen auch dort hingehen, wo die Fakes grassieren und Sichtbarkeit schaffen. Deshalb bleiben wir mit der Bot-Präsenz da, aber sind auch überall anders, damit niemand nur unseretwegen dort bleiben muss.
Ist der X-odus was für dich?
Was solltest du, lieber Leser, also tun? Es ist ein freies Land, wenn du es für richtig hältst, kannst du auf Twitter bleiben und dort weiter deine Zeit investieren. Wir wollen dich nicht überzeugen, die Plattform zu verlassen. Stattdessen zählen wir einfach ein paar Fakten auf:
Vielleicht interessiert es dich zu hören, dass Musk Werbeeinnahmen an rechtsextreme und frauenverachtende Accounts verteilt hat. So erhielt der Frauenhasser Andrew Tate von Twitter 20 000 Dollar.
Die Werbeanzeigen, die die Plattform am Laufen halten, werden neben rassistischen Posts und Lob für Hitler eingeblendet.
Twitter erlaubt es, bezahlte Abos abzuschließen, um Creators zu unterstützen. Falls du denkst, dass Community Notes (die wir in der Vergangenheit gelobt haben) gegen die Fakes auf der Plattform helfen: Einer der bestverdienenden X-Creator (Platz 3) ist der Pro-Kreml Lügner Jackson Hinkle. Zufälligerweise hat er auch eine enorme Anzahl an Community Notes auf seinem Profil. Bei Kriegsverbrechen Relativieren helfen und dabei auch noch abkassieren – läuft bei dem.
Kurz: Twitter ist ein Ökosystem, über das sich Rechtsradikale und professionelle Fake-Verbreiter für ihren Hass und Lügen bezahlen lassen können. Für viele Fake-News Verbreiter ist Desinformation ein Business. Und Musk hat es ihnen noch einfacher gemacht als je zuvor. Sie tun und taten es, nicht (nur), weil sie Trump so toll finden, sondern weil sich mit entsprechenden Pro-Trump Lügen so viele Klicks und Geld generieren ließ. Im Gegensatz zu anderen Social Media Seiten, die auch im Eigeninteresse Fake News bekämpfen, macht Musk das Gegenteil: Er füttert die erfolgreichsten Lügner noch mit zusätzlich Kohle. Social Media Troll ist jetzt dort ein Job mit mehrstelligen Monatsgehältern.
Das Ökosystem Twitter kollabiert ohne User und Relevanz. Das ist die individuelle Entscheidung, die jeder treffen muss.
Musk verbreitet selbst Antisemitismus
Der ständig Desinformation verbreitende Axel-Springer-Verlag nahm Elon Musk in Schutz, als dieser Antisemitismus verbreitete. Elon Musk glaubt offenbar selbst an antisemitische Verschwörungsmythen, und gibt diesen auf Twitter Reichweite. Eine gesamte Chronologie der antisemitischen Vorfälle haben wir hier gesammelt:
Das Problem ist ein grundsätzliches: der Besitzer der Plattform selbst. Er wird immer nur das Nötigste tun, um wieder Kohle zu verdienen. Die Lügen und rechten Mythen glaubt Musk anscheinend alle selbst und hat sich so selbst indoktriniert. Es wird sich nichts fundamental verbessern, da das Netzwerk einem rechtsradikalen Ideologen gehört.
Das sind die Alternativen:
Wichtig bei allen Twitter-Alternativen ist das Protokoll. Ein digitales soziales Netzwerk darf nie wieder so dominant von einer Person abhängen, wie das bei Twitter aktuell der Fall ist. (Man könnte sogar argumentieren, dass das ein grundlegendes Problem von heutiger öffentlichen Kommunikation ist). Es muss immer die Möglichkeit geben, den Anbieter zu wechseln, ohne dass viele Verbindungen zerstört werden, wie das beim X-odus leider der Fall ist. Hier gibt es im Moment drei ähnliche Möglichkeiten zur Auswahl: Threads, Bluesky und Mastodon.
Ein Beispiel dafür ist das soziale Netzwerk Threads vom Social Media Anbieter „Meta“, welcher auch Instagram und Facebook betreibt. Dieses Netzwerk wird – so lautet das Versprechen – in Zukunft mit dem „Activity Pub“ Protokoll auch mit Mastodon und dem restlichen Fediverse verbunden. Heißt: Wenn es einem dort nicht mehr gefällt, kann (in Zukunft) man zu Mastodon umziehen. Auch kann man von Mastodon aus in Zukunft Personen auf Threads folgen und umgekehrt. Sollte sich Mark Zuckerberg also einen komplett auf Musk machen, ist der Schaden nicht so groß.
Bluesky
Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert Bluesky von Twitter Gründer Jack Dorsey. Auch hier soll in Zukunft ein Umzug auf andere Plattformen mit demselben Protokoll möglich sein. Allerdings ist Bluesky nicht mit Mastodon oder Threads kompatibel, sondern verwendet ein eigenes Protokoll namens „AT Proto“. Eventuell könnte es da in Zukunft Brücken zu Mastodon und Threads geben, aber wie gut das am Ende tatsächlich funktioniert, ist nicht ganz klar.
Ein Vorteil von Bluesky sind die „Feeds“, die dort angeboten werden. Bei Threads kontrolliert Meta den Feed. Bei Bluesky kann man sich hingegen selbst einen Feed erstellen oder einen der vielen Feeds dort auswählen, die von unabhängigen Entwicklern betrieben werden. Auch auf Mastodon gibt es Versuche bessere Feeds, als eine rein chronologische Abfolge der Posts anzubieten, beispielsweise in meinem Projekt ForYouFeed oder in der iOS-App Mammoth, die viele der Features von Bluesky auch anbietet (sicher ein guter Einstieg in Mastodon).
Wenn du bisher viel auf Instagram warst, ist sicher Threads die naheliegende Alternative zu Twitter. Der Vorteil von Threads und Mastodon ist, dass beide auf absehbare Zeit Querverbindungen erlauben. Bluesky hingegen ist aktuell Vorreiter, was Feeds angeht. Dort sind auch viele der deutschsprachigen Twitter Accounts hin ausgewandert.
Wir bei Volksverpetzer sind auf allen drei Plattformen schon anzufinden, also von uns musst du deine Entscheidung nicht abhängig machen. Wenn doch: Hol dir am besten einfach unsere App, hier im AppStore und hier im PlayStore. Oder bestelle dir doch das neue Buch von Volksverpetzer-Gründer Thomas Laschyk hier vor und lies, wie wir nicht mehr den Kampf gegen Desinformation verlieren.
Artikelbild: generiert mit OpenAi. Guck nicht genauer hin, es wird immer schlimmer, je länger man guckt. Also genau wie bei Twitter!
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