Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.
Der Wohnungskonzern Deutsche Wohnen sammelte massenhaft sensible Daten von Mieter:innen. Der Rechtsstreit um das deswegen verhängte Rekord-Bußgeld wird jetzt, nach einer ersten Schlappe des Immobilienkonzerns, wieder beim Berliner Landgericht weitergeführt.
Die Datenschutz-Saga um Berlins bekanntesten Vermieter geht weiter. Im Rechtsstreit um das Bußgeld in Höhe von 14,5 Millionen Euro hat das Kammergericht Berlin laut einer Meldung der dpa den Fall wieder an das Landgericht verwiesen. Zuvor hatte sich schon der Europäische Gerichtshof mit dem Fall beschäftigt.
Die damalige Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk hatte 2019 das Rekordbußgeld gegen die Deutsche Wohnen verhängt, weil das Unternehmen Unterlagen von Mieter:innen wie Kontoauszüge, Personalausweise oder Gehaltsnachweise in einer Datenbank sammelte – und diese Kopien auch nach mehrfacher Aufforderung der Behörde nicht löschte. Ein klarer Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
In einem ersten Verfahren hatte das Berliner Landgericht den Bußgeldbescheid einkassiert, weil die Datenschutzbehörde keine konkret für den Verstoß verantwortliche Person genannt hatte. Im Berufungsverfahren vor dem höhergestellten Berliner Kammergericht wurde dann der Europäische Gerichtshof eingeschaltet.
Der wiederum entschied, dass Datenschutzbehörden auch dann Bußgelder gegen Unternehmen verhängen dürfen, wenn sie keine Ordnungswidrigkeit einer natürlichen Leitungsperson festgestellt haben. Für eine direkte Sanktionierung des Unternehmens reichte dem Luxemburger Gericht zufolge die Feststellung, dass Mitarbeitende eines Unternehmens einen Verstoß begangen haben.
Schlappe für Deutsche Wohnen
Die Deutsche Wohnen gehört seit 2021 zum Immobilienkonzern Vonovia. Der Vonovia-Konzern bestreitet nun, dass er die Datenschutzverstöße „vorsätzlich“ begangen habe – doch der Fokus auf diese Frage könnte eine Nebelkerze des Unternehmens sein, um vom eigentlichen Urteil abzulenken.
In diese Richtung argumentiert auch die Datenschutzbeauftragte Meike Kamp. Der springende Punkt der EuGH-Entscheidung sei, dass datenschutzrechtliche Bußgelder direkt gegen Unternehmen verhängt werden können. „Die zusätzlich vom EuGH entschiedene Frage zur verschuldensunabhängigen Bußgeldhaftung ist juristisch interessant, jedoch für den vorliegenden Fall nicht relevant“, so Kamp gegenüber netzpolitik.org. Ihre Behörde habe in ihrem Bußgeldbescheid eindeutig festgestellt, dass die Deutsche Wohnen SE vorsätzlich gehandelt hatte. „Dies hat jetzt auch das Kammergericht in seinem Beschluss bestätigt“, so Kamp weiter.
Gegenüber der dpa sagt Deutsche-Wohnen-Anwalt Tim Wybitul: „Das weitere Verfahren wird noch ein langer Ritt, ich gehe von bis zu fünf Jahren aus.“ Das sieht die Berliner Datenschutzbeauftragte anders: Nachdem der Europäische Gerichtshof die wesentlichen Rechtsfragen geklärt habe, könne sich nun das Landgericht mit dem Bußgeldbescheid in der Sache befassen. „Ich rechne mit einer baldigen Entscheidung des Landgerichts“, so Kamp gegenüber netzpolitik.org.
Klar ist in jedem Fall: Die Datenschutz-Saga geht weiter.
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Author: Markus Reuter